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Von Stress, Schwangerschaften und Schizophrenie

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Von Stress, Schwangerschaften und Schizophrenie
Körperliche Belastungen in der frühen Schwangerschaft können beim Ungeborenen das Risiko für Krankheiten wie Schizophrenie erhöhen, die sich erst im Erwachsenenalter bemerkbar machen. Das schließen zwei amerikanische Neurologinnen aus einer Studie mit Rhesusäffchen, deren Entwicklung sie über mehr als fünf Jahre verfolgten. Um körperlichen Stress zu simulieren, hatten die Wissenschaftlerinnen die Äffchen noch im Mutterleib einer relativ hohen Dosis Röntgenstrahlung ausgesetzt. Die betreffenden Affen entwickelten sich während ihrer Jugend völlig normal, zeigten als Erwachsene allerdings Gedächtnisstörungen, wie sie auch bei Schizophrenie-Patienten auftreten. Man sollte daraus jedoch keinesfalls den Schluss ziehen, Röntgenuntersuchungen in der Schwangerschaft würden das Schizophrenie-Risiko erhöhen, betonen Harriet Friedman und Lynn Selemon: Die verwendete Dosis lag um Größenordnungen höher als die in der Medizin übliche.

Schizophrenie ist eine Persönlichkeitsstörung, die fast immer im jungen Erwachsenenalter auftritt und deren Ursache nach wie vor nicht genau bekannt ist. Es gilt jedoch als sicher, dass bestimmte Umweltfaktoren und eine körperliche Veranlagung zusammenkommen müssen, um die Krankheit auszulösen. Bereits frühere Studien hatten dabei darauf hingedeutet, dass diese Veranlagung auf eine Störung der Hirnentwicklung im Mutterleib zurückgehen könnte, hervorgerufen unter anderem durch körperliche Belastungen. Verdächtigt werden dabei beispielsweise Infektionskrankheiten wie Grippe, eine Hungerperiode oder eine Unverträglichkeit der Blutgruppen von Mutter und Vater.

Auch sogenannte ionisierende Strahlung wie etwa Röntgenstrahlung kann die Entwicklung des Gehirns beim Ungeborenen stören. Aus diesem Grund wird Schwangeren vor allem bis zur 15. Schwangerschaftswoche von Röntgenuntersuchungen abgeraten, wenn es sich nicht um einen Notfall handelt. Friedman und Selemon machten sich für ihre Studie nun jedoch genau diese Eigenschaft der Strahlung zunutze: Sie griffen zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Trächtigkeit in die Hirnentwicklung von vier Affenföten ein, indem sie sie mehrfach im Mutterleib bestrahlten. Anschließend ließen sie die Äffchen unter normalen Laborbedingungen aufwachsen und testeten zu verschiedenen Zeitpunkten deren geistige Leistungsfähigkeit.

Als Jugendliche schnitten die bestrahlten Tiere in allen Tests ebenso gut ab wie ihre nicht bestrahlten Artgenossen. Als Erwachsene zeigten drei der vier behandelten Affen dagegen eine deutliche Beeinträchtigung ihres Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnisses, während ihre Fähigkeit, Zusammenhänge zu lernen, völlig intakt bliebt. Die Bestrahlung müsse demnach eine versteckte Verletzung in einer der Kommandozentralen des Gehirns, dem präfrontalen Cortex, verursacht haben, glauben die Forscherinnen. Dieser Schaden macht sich während des Wachstums des Gehirns nicht bemerkbar, hindert aber das reife Gehirn daran, korrekt zu funktionieren – ähnlich, wie es auch bei Schizophrenie-Patienten zu beobachten sei. Die Ergebnisse stützten demnach die These, dass Stress und Belastungen in der Schwangerschaft das spätere Entstehen derartiger Krankheiten begünstige, so ihr Fazit.

Harriet R. Friedman und Lynn D. Selemon (Department of Neurobiology, Yale University School of Medicine, New Haven): Biological Psychiatry , Bd. 68, S. 108 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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