Das Bakterium Helicobacter pylori ist der Hauptverursacher chronischer Entzündungen der Magenschleimhaut. Nun haben US-Forscher erstmals bewiesen, dass die spiralförmige, an einen Korkenzieher erinnernde Gestalt des Erregers essenziell für sein Überleben in der säurehaltigen Umgebung des Magens ist. Zudem ist es ihnen gelungen, die für die charakteristische Krümmung des Krankheitserregers verantwortlichen Eiweiße zu identifizieren. Ohne diese können sich die Keime nicht richtig verdrehen und in der Magenschleimhaut einnisten, die sie vor der Zerstörung durch die Magensäure schützt. Diese Erkenntnisse könnten sich als Schlüssel zu einer neuen Therapie gegen den Erreger erweisen, der auch für 70 Prozent aller Magenkrebsfälle verantwortlich ist, sagen die Wissenschaftler um Nina Salama vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle.
Helicobacter pylori ist ein weit verbreiteter Magenbewohner. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wird von ihm besiedelt, meistens verläuft eine Infektion völlig unbemerkt. In zehn bis fünfzehn Prozent aller Fälle entstehen jedoch chronische Magenschleimhautentzündungen, die zu gefährlichen Geschwüren und Krebserkrankungen führen können. Zudem ist der Erreger höchst ansteckend, die genauen Übertragungswege sind noch nicht eindeutig geklärt. Einmal erfolgt, erweist sich die Infektion als sehr hartnäckig, wobei die Resistenz gegen eine zunehmende Zahl von Antibiotika die Behandlung zusätzlich erschwert. Lange Zeit wurde vermutet, dass die charakteristische korkenzieherartige Struktur des Bakteriums essenziell für eine erfolgreiche Besiedelung des menschlichen Magens ist. Nun gelang es den Wissenschaftlern um die Mikrobiologin Nina Salama, den Beweis für diese Theorie zu erbringen.
Sie entdeckten eine Gruppe von vier Proteinen, die als eine Art Drahtzange fungieren und bestimmte strukturelle Abschnitte auf der maschendrahtähnlichen Zellwand des Erregers zerschneiden ? das ursprünglich stäbchenförmige Bakterium verdreht sich daraufhin zum Korkenzieher. Anschließend schraubt es sich in die Magenschleimhaut und entgeht so der Zersetzung durch die Magensäure. Ohne diesen Mechanismus kann Helicobacter pylori im Menschen nicht überleben. Mit Hilfe einer entsprechenden Therapie, die die Bildung der Proteine unterbindet, könnte die weltweite Infektionsrate nach Meinung der Forscher drastisch verringert werden.
Die Zelloberflächenproteine scheinen auch bei anderen Bakterienarten vorzukommen, die eine ähnliche Gestalt wie Helicobacter pylori aufweisen. Sollten sich diese Eiweiße auch bei den anderen Organismen als überlebenswichtig erweisen, könnte beispielsweise auch eine effektive Therapie gegen den kommaförmigen Erreger der Cholera, Vibrio cholerae, entwickelt werden. Das ebenfalls spiralförmige und für die meisten Durchfallerkrankungen in Entwicklungsländern verantwortliche Bakterium Campylobacter jejuni sei ebenfalls ein vielversprechender Kandidat, sagt Salama.
Nina Salama (Fred Hutchinson Cancer Research Center, Seattle) et al.: Cell, Bd. 141, Nr. 5, S. 822, doi: 10.1016/j.cell.2010.03.046 ddp/wissenschaft.de ? Gwydion Brennan