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Kein Weg aus der „Bestäuberkrise“

Erde|Umwelt Kommentare

Kein Weg aus der „Bestäuberkrise“
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Der Rückgang der Bestäuber wie Schmetterlingen, Bienen, Motten und Fledermäusen verlief in den vergangenen Jahren dramatisch. (Foto: iStock/Borit Trdina)
Zum ersten Mal stand die Lage der Bestäuber vergangene Woche in Kuala Lumpur auf der Tagesordnung eines Gremiums unter dem Dach der Vereinten Nationen. Wie bitte, Bestäuber? Man liest zweimal und dann weiter und kapiert es endlich: Es geht um das globale Schwinden von Bienen, Hummeln, Schmetterlingen und anderen Bestäubern, die nicht nur für Erdbeeren und Brot, sondern auch für Baumwolle und Bauholz sorgen.

Der 2014 eingesetzte Weltbiodiversitätsrat hat zum 26. Februar 2016 erstmals einen Bericht zur Lage der Bestäuber verabschiedet. Wunschadressat: Die Damen und Herren Politiker. Der Rat ist nämlich so etwas wie die gerade geborene Schwester des Weltklimarates, der regelmäßig den Zustand des Erdklimas beschreibt. Viel gelesen, viel diskutiert dient er Politikern als Argumentationsgrundlage für ihre Klimaschutzpolitik. Können auch die Bestäuberberichte eine solche Reichweite erlangen? Wird bald endlich mehr für die Bienen und Schmetterlinge getan?

Das Erstlingswerk zur Bestäubung – bis zum 2. März 2016 war es nur in einem Vorbericht vorhanden – fasst das Thema, das bisher im Regionalen herumdümpelte, erstmals viel weiter, nämlich global. Das ist ein großes Plus und macht die Dimension deutlich: Erntemenge und Qualität von über drei Vierteln der weltweit meist genutzten Nahrungspflanzen hängen ganz oder teilweise von der Bestäubung durch Tiere ab. Diese Produkte haben einen jährlichen Marktwert von 235 bis 577 Milliarden US-Dollar. Erwirtschaftet werden diese Güter nicht nur durch rund 20.000 Bienenarten, sondern von Fliegen, Schmetterlingen, Motten, Wespen und Käfern, aber auch Vögeln und Fledermäusen.

Mangelnde Datenlage

Nach diesem Paukenschlag flacht der Bericht jedoch ab. Ob die Bestäuber bedroht sein, wisse man gar nicht. Indizien gäbe es für Bienen und Schmetterlinge in Westeuropa und den USA. In Europa etwa schrumpfen 37 Prozent der Bienenpopulationen, aber bei 57 Prozent aller Bienenarten lägen zu wenige Daten vor. Ursächlich seien Monokulturen, zu wenig diverse Naturräume, die Verwendung von Pestiziden, die Umweltverschmutzung, eingeschleppte Arten, Krankheiten und Parasiten sowie der Klimawandel. Aber aufgrund mangelnder Daten könne man nicht eine einzige Ursache dingfest festmachen. „Wir wissen zu wenig, wir haben zu wenig Daten“ – dieses Lamenti taucht immer wieder refrainartig im Vorbericht auf.

Dass der Schwund bestimmter Bienen und Schmetterlinge nicht auf eine einzelne Ursache zurückzuführen ist, sondern multikausal ist, wissen Ökologen jedoch längst. Und reicht es nicht, wenn in Westeuropa und Nordamerika diese Insektenarten teilweise schwinden, um im Sinne des Vorsorgeprinzips einen klaren Appell an die Politiker zu richten? Weniger Monokulturen, eine nachhaltigere Landwirtschaft, Diversifizierung von Naturräumen, Reduktion der Umweltverschmutzung, Klimaschutz, zurückhaltender Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln und konsequentes Monitoring von Krankheiten.

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Schlimmstenfalls interessiert der Bericht Politiker nicht

Der Bericht nennt diese denkbaren Maßnahmen immerhin, aber verpackt in weitschweifige Formulierungen und umringt von „Wenns“ und „Abers“. Glaubt man etwa, dass nur erschlagende Evidenz in der Weltpolitik etwas bewegt? Ein Irrtum, den schon die Klimapolitik entlarvt. Redlichkeit und Gründlichkeit ja, aber Understatement? Es wird dafür sorgen, dass der Bestäuberbericht schlimmstenfalls nicht einmal in den Büros der Politiker verstaubt, weil er nicht einmal zur Kenntnis genommen wird. Als Zusammenschau der Datenlücken ist er vor allem ein Auftrag zur Selbstbeschäftigung. Forschungsprojekte lassen sich damit ausgezeichnet akquirieren, vielleicht auch Personal und Fördermittel. Wir warten auf den Nachfolger!

© wissenschaft.de – Susanne Donner
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