Kikeriki bleibt auch in Dauerdämmerung pünktlich
Für ihre Studie hielten die Wissenschaftler junge Hähne jeweils in Vierergruppen in licht- und schalldichten Räumen. Jeder Hahn saß dabei in einem eigenen Käfig, konnte seine drei Artgenossen aber hören und sehen. In Vorversuchen hatte sich gezeigt, dass völlig isolierte gehaltene Hähne weitestgehend stumm bleiben – vermutlich weil ihnen dann der Antrieb fehlt, ihr Revier durch das Krähen akustisch zu markieren, wie die Forscher anmerken. In einem Teil der Kammern herrschte jeweils zwölf Stunden Licht und zwölf Stunden schwache Dämmerung, in den anderen dagegen durchgehendes Dämmerlicht. Mittels Video- und Tonaufzeichnungen beobachteten die Forscher, wann die Hähne unter diesen unterschiedlichen Lichtregimes krähen.
Das Ergebnis: In den Kammern mit dem Tag-Nacht-Rhythmus krähten die Hähne immer rund zwei Stunden bevor das Tageslicht anging. Da sich das Nachtlicht zu dieser Zeit nicht veränderte, gab es keinen äußeren Zeitgeber. Die Vögel mussten daher die passende Zeit mit Hilfe ihrer inneren Uhr bestimmt haben, schlussfolgern die Forscher. Bestätigt wurde dies durch das Verhalten der Hähne in den Dauerdämmerungs-Kammern: Auch sie zeigten beim Krähen einen festen Rhythmus, alle 23,7 Stunden ertönte ihr „Kikeriki“. Erst nach mehreren Tagen ohne jeglichen äußeren Zeitgeber begannen einzelne Hähne von diesem Rhythmus abzuweichen. Ähnlich wie bei uns Menschen muss auch ihre innere Uhr durch den Wechsel von Tag und Nacht immer wieder geeicht und damit genau auf einen 24-Stunden-Takt gebracht werden. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Hahn die Morgenstille vor der Dämmerung bricht, weil seine innere Uhr ihn dazu bringt“, sagen Shimmura und Yoshimura.
In einem weiteren Test untersuchten die beiden Forscher, wie äußere Reize die Hähne beeinflussten. Dazu traktierten sie die Vögel zunächst zu ihrer üblichen Krähzeit entweder mit kurzen, hellen Lichtsignalen oder spielten ihnen das Kikeriki eines ihnen vertrauten Artgenossen vor. Wie erwartet ließen sich die Vögel davon animieren und krähten umso enthusiastischer und häufiger. Anders dagegen, wenn diese Reize zu einer anderen Tageszeit erfolgten: Hörten die Hähne nachmittags einen Artgenossen, ignorierten sie dies meist, ebenso das helle Licht. „Daraus schließen wir, dass nicht nur das morgendliche Krähen, sondern auch die Reaktion auf äußere Reize bei den Hähnen durch die innere Uhr kontrolliert wird“, konstatieren die Wissenschaftler. Wer auf dem Land lebt und den nervenden Hahn ruhig stellen will, dem hilft es demnach nichts, wenn er diesen in einen dunklen Stall sperrt – er wird trotzdem pünktlich vor Sonnenaufgang sein Kikeriki ertönen lassen.