Vögeln hat man diese Fähigkeiten lange überhaupt nicht zugetraut. Erst in jüngster Zeit beginnt sich diese Einstellung zu wandeln nicht zuletzt, weil sowohl Krähenvögel als auch Papageien ganz erstaunliche Leistungen beim Werkzeuggebrauch und bei Problemlösungen zeigen. Als Forscher die Selbstbeherrschung bei Graupapageien untersuchten, gab es allerdings die erste Enttäuschung: Mickrige drei Sekunden schafften es die ansonsten sehr intelligenten Tiere, auf eine größere Belohnung zu warten. Raben und Aaskrähen schnitten da schon besser ab: Sie harrten teilweise bis zu beeindruckenden fünf Minuten aus, um ein weniger leckeres Häppchen gegen etwas Besseres einzutauschen. Das funktionierte aber nur, wenn der Gewinn den Einsatz an Qualität übertraf war es einfach nur mehr des ursprünglichen Futters, waren die Vögel nicht bereit, darauf zu warten.
Eine Pekannuss gegen einen Cashew-Kern
Die neuesten Mitglieder in dem exklusiven Klub der handelsfähigen Tiere sind nun die Goffin-Kakadus. Unter Beweis gestellt haben die hübschen weißen Papageien ihre Fähigkeiten im Goffin-Lab an der Universität Wien. Dort wurden sie zunächst mit nicht essbaren Objekten trainiert, bevor die eigentlichen Tests begannen. Diese verliefen wie folgt (siehe auch Video unten): Der Experimentator hielt in einer offenen Hand das Einsatz-Futter etwa Pekannüsse, die auf der Lieblingsfutterliste der meisten der Testvögel auf Platz drei rangieren und in der anderen, außerhalb der Reichweite des Schnabels, aber innerhalb der Sichtweite des Vogels, den potenziellen Gewinn. Dabei handelte sich entweder um gebratenes Fleisch, Platz zwei der Liste, oder sogar um Cashew-Kerne, für die meisten Kakadus unangefochten Platz eins unter den Lieblingssnacks.
Schnappte sich der Vogel nun die Pekannuss, schloss der Forscher die nun leere Hand, und die Zeit begann zu laufen. Nach einer bestimmten Verzögerung öffnete sich die Hand wieder. Legte der Vogel die Nuss unangetastet wieder hinein, bekam er den in Aussicht gestellten Gewinn aus der anderen Hand. Hatte er den Happen jedoch angeknabbert, blieb der Gewinn für ihn unerreichbar. In anderen Varianten des Tests gab es nicht Fleisch oder Cashews als mögliche Belohnung, sondern zwei oder sechs Pekannüsse. Und in einigen Kontrollexperimenten bekamen die gefiederten Probanden gleich als Einsatz die beliebten Cashew-Kerne und konnten diese gegen Pekannüsse tauschen.
Die Testergebnisse: Alle Kandidaten waren bereit, zwei oder fünf Sekunden auf die Cashews oder das Fleisch zu warten. Die Hälfte der Tiere nahm auch eine Verzögerung von 40 Sekunden in Kauf, und drei Vögel warteten sogar 80 Sekunden auf ihren Gewinn. Auch die Aussicht auf eine größere Menge an Pekannüssen reizte acht der vierzehn Vögel sie warteten bis zu 20 Sekunden darauf. Einen Cashew-Kern gegen eine Pekannuss oder ein Stück Fleisch einzutauschen, kam allerdings für kaum einen der Testvögel infrage da wurde der Kern lieber sofort verzehrt.
Nicht nur Krähen, auch bestimmte Papageienvögel können sich also soweit beherrschen, dass sie auf begehrtes Futter warten, resümieren die Wissenschaftler. Dabei schneiden sie beim Test mit verschiedenen Mengen sogar besser ab als Krähen, halten jedoch allgemein nicht ganz so lange durch. Das erklärt sich vielleicht daraus, dass Krähen die Häppchen während der Wartezeit auf dem Boden ablegen, während die Kakadus sie im Schnabel behalten direkt neben ihren Geschmacksorganen. “Stellen Sie sich vor, Sie würden einem Kleinkind einen Keks in den Mund stecken und ihm ein Stück Schokolade dafür in Aussicht stellen und das Kind dürfte über eine Minute nicht an dem Keks knabbern”, illustriert Alice Auersperg, die Leiterin des Goffin Labs, das Problem.