Die Antwort weiß Alisdair Fernie vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam: „Das Pflanzenhormon Ethylen stößt bei Tomaten und Bananen den Reifungsprozess an, bei Paprika funktioniert das jedoch nicht“, erläutert er. Der Wissenschaftler erforscht seit acht Jahren die Geheimnisse der Reife- und Abbauprozesse von Obst und Gemüse. Zu den nachreifenden Sorten zählen beispielsweise Tomaten und Bananen. Zu den nicht-nachreifenden gehören Paprika, Chili, Erdbeeren, Weintrauben und Melonen.
Ähnlich dem Schlüssel-Schloss-Prinzip gibt es in Zellen Substanzen und Wirkstoffe – die „Schlüssel“ -, die nur durch einen zugehörigen Rezeptor – das „Schloss“ – ihre Funktion erfüllen können. Der Schlüssel in der Tomate ist im Fall der Reifung die chemische Verbindung Ethylen. Die Produktion dieses Reifehormons wird in der Tomate angestoßen, wenn die Pflanze einmal von außen mit Ethylen in Kontakt gekommen ist, der Schlüssel also einmal ins Schloss gesteckt wurde. Dadurch schaltet sich ein Rückkopplungsprozess frei, der dafür sorgt, dass die Tomate das Hormon selbst herstellen kann: Je mehr Ethylen in die Pflanze gelangt, desto mehr produziert sie auch selbst. Deshalb reifen Tomaten nach und verändern auch nach der Ernte noch Farbe, Geschmack, Geruch und ihren Nährstoffgehalt. Ähnlich wirkt das pflanzliche Reifehormon auch bei Bananen: Es lässt grüne Bananen gelb und anschließend braun werden. Besonders schnell geht das, wenn sie neben Äpfeln liegen – denn die produzieren ebenfalls eine erhebliche Menge Ethylen.
Die Suche nach der Über-Tomate
Der Grund, weshalb die Paprika nicht nachreift, sondern länger in einem Zustand bleibt, der dem direkt nach der Ernte ähnelt, ist ganz einfach: In Paprikas ist das Schloss, also der Rezeptor, inaktiv. Somit kann Ethylen nicht andocken und seine eigene vermehrte Herstellung auslösen. „Die Paprika bleibt so länger frisch“, erklärt Fernie.
Die Frage des Nachreifens ist übrigens nicht nur von akademischem Wert. „Die Lebensmittelindustrie könnte davon profitieren, dass nachreifende und nicht-nachreifende Früchte gekreuzt werden. Dadurch können neue Sorten entstehen, zum Beispiel eine Tomate, die länger frisch bleibt“, erläutert Fernie. Denn auch auf die „alte Tour“ kann man Früchte und Gemüse hinsichtlich der Haltbarkeit verbessern, denn Kreuzungen sind immer noch eine Alternative zu gentechnischen Veränderungen. Doch bis diese neuartige Tomate erfunden ist, sollte man eine ganz einfache Regel beachten: niemals Tomaten neben anderen Obst- oder Gemüsesorten lagern, die selbst nachreifen.
Wir beantworten auch Ihre Frage! Schicken Sie einfach eine E-Mail an: fragen@wissenschaft.de