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Abschied von Schildkröte und Co.

Erde|Umwelt

Abschied von Schildkröte und Co.
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Die Buckelnasen-Echse (Lyriocephalus scutatus) kommt nur in den Regenwäldern Sri Lankas vor und gilt als bedroht.
Reptilien existieren seit mehr als 300 Millionen Jahren. Sie haben in dieser Zeit fast alle Lebensräume unseres Planeten erobert, vom Ozean über Seen und Flüsse bis hin zu Regenwäldern und Wüsten. Jetzt allerdings müssen sie immer häufiger um ihr Überleben kämpfen: Jedes fünfte Reptil auf der Erde ist inzwischen vom Aussterben bedroht, das zeigt eine erste umfassende Analyse ihres Bedrohungsstatus durch mehr als 200 Forscher im Auftrag der International Union for Conservation of Nature (IUCN). Am stärksten betroffen sind dabei Wasserschildkröten und andere im Ozean oder Süßwasser lebende Reptilienarten.

Ob das im Brackwasser lauernde Krokodil, die über den Wüstensand oder durch den Dschungel kriechende Schlange oder die über hunderte von Kilometern durch das Meer schwimmende Schildkröte: Reptilien haben sich im Laufe ihrer Evolution an ganz unterschiedliche Lebensweisen und Habitate angepasst. „Weil Reptilien oft in extremen Lebensräumen und unter harten Umweltbedingungen vorkommen, ist es leicht anzunehmen, dass sie auch in unserer sich verändernden Welt gut zurechtkommen, sagt Erstautorin Monika Böhm von der Zoological Society of London (ZSL). Doch das sei ein Trugschluss, denn viele Arten seien hochspezialisiert und nur in relativ eng umgrenzten Gebieten verbreitet. Das mache sie besonders sensibel gegenüber Umweltveränderungen, beispielsweise durch uns Menschen.

Erfassung extrem lückenhaft

Trotzdem aber ist über die Zahl der Reptilienarten und ihren Status erstaunlich wenig bekannt, wie die Forscher berichten. Zwar seien 9.084 Spezies dieser Tiergruppe bisher beschrieben, aber molekularbiologische Indizien sprechen dafür, dass es noch zahlreiche unbekannte Reptilienarten gibt. Und von den bekannten Arten sind bisher nur 35 Prozent für die Rote Liste der bedrohten Arten überhaupt bewertet worden. Halbwegs vollständige Erhebungen gebe es nur für Europa und einige Inselgruppen, der Reptilienbestand im Rest der Welt sei nur extrem lückenhaft erfasst, so Böhm und ihre Kollegen.

Um dies zu ändern, haben die Wissenschaftler nun erstmals einen globalen Status der Reptilien in ihrer Studie ermittelt. Dafür analysierten sie die Verbreitung und die Gefährdung einer Stichprobe von 1.500 Arten aus allen Gruppen der Reptilien. Sie untersuchten dabei sowohl, welche Arten besonders bedroht sind, als auch, wo die Hotspots der Gefährdung liegen.

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„Die Alarmglocken läuten“

Das Ergebnis: Durchschnittlich 19 Prozent der Reptilienarten weltweit sind akut vom Aussterben bedroht. Damit liegen sie in punkto Gefährdung zwar hinter Amphibien und Säugetieren, aber noch vor den Vögeln, wie die Forscher erklären. Deutlich höher liegt die Zahl der bedrohten Reptilien allerdings bei den im Meer und im Süßwasser lebenden Arten: Dort sind es sogar 30 Prozent. Betrachte man nur die Gruppe der Schildkröten, steige die Zahl der bedrohten Arten sogar auf gut die Hälfte.

„Unsere Ergebnisse läuten die Alarmglocken für diese Tiergruppe und ihren Bedrohungszustand weltweit“, konstatiert Philip Bowles von der IUCN-Kommission. Gleichzeitig ermögliche das genauere Wissen darüber, wodurch und wo die Reptilien besonders gefährdet seien nun auch einen gezielteren Schutz. Als Hotspots der Bedrohung identifizierten die Forscher die Karibik, Madagaskar, die ecuadorianischen Anden, den Nordosten Indiens und Zentralasien, sowie den Osten Chinas und einige Pazifikinseln. Aber auch in Europa und Nordamerika gebe es zahlreiche Arten, die bereits als potenziell gefährdet gelten, betonen Böhm und ihre Kollegen.

Auch über die Ursachen der Bedrohung gibt ihre Studie Auskunft: „Mehr als 80 Prozent unserer Stichprobe war durch mehr als einen Faktor gefährdet“, berichten die Forscher. Landwirtschaft, Entwaldung und der damit verbundene Verlust von Lebensräumen sei dabei der häufigste Grund für den Rückgang der landbewohnenden Reptilien. Aber auch die immer stärkere Zersiedelung der Landschaften und das Einschleppen invasiver Arten spielten eine Rolle. Bei den Reptilien der Ozeane und Inlandgewässer hat der Mensch dagegen noch sehr viel direkter die Hand im Spiel: 87 Prozent dieser Arten kämpft ums Überleben, weil sie gezielt gefangen und bejagt werden.

Monika Böhm (Zoological Society of London) et al.: Biological Conservation, doi: 10.1016/j.biocon.2012.07.015 © wissenschaft.de – ===Nadja Podbregar
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