Die Bakterien bilden in diesen Fällen einen Biofilm – eine schleimige Schicht aus Erregerzellen, die durch ein dichtes Netz aus Biomolekülen miteinander und mit der Oberfläche der Schleimhäute verbunden sind. Als Bindemittel dient dabei auch das Erbmolekül DNA, dessen lange, gewundene Ketten wie eine Art Klebstoff wirken. Dieser Biofilm schafft den Erregern aber nicht nur optimale Wachstumsbedingungen, er schützt sie auch relativ gut vor Antibiotika und Angriffen des Immunsystems. „Nasensprays und Antibiotika können zwar einigen Betroffenen helfen, bei vielen Patienten aber sind sie nicht effektiv, und dann hilft oft nur eine operative Entfernung dieser Verschleimungen“, erklärt Mohamed Elbadawey vom Freeman Hospital in Newcastle, einer der Autoren der Studie.
Meeresmikrobe mit Anti-Biofilm-Enzym
Auf der Suche nach einer besseren Therapie wandte sich Elbadawey an Mikrobiologen der Newscastle University – und gemeinsam wurden sie fündig. Denn kurz zuvor hatten die Forscher bei der Untersuchung von Meeresalgen ein Bakterium entdeckt, das ebenfalls Biofilme produziert. Mit deren Hilfe bleibt Bacillus licheniformis auch in turbulenterem Wasser auf der Oberfläche der Pflanzen haften – es kann sich aber auch bei Bedarf wieder von der Alge lösen. Dafür erzeugt die Mikrobe ein bestimmtes Enzym, NucB genannt. „Im Prinzip zersetzt dieses Enzym einfach die extrazelluläre DNA, die wie ein Kleber die Bakterienzellen zusammenhält“, erklärt Erstautor Nicholas Jakubovics von der Newcastle University. Dadurch zerfällt der selbstproduzierte Biofilm und die Meeresmikroben können sich einen neuen Siedlungsplatz suchen.
Um die Frage zu klären, ob das NucB-Enzym auch andere Biofilme zersetzen kann als nur die der Meeresmikrobe, führten die Forscher mehrere Laborversuche durch. Für diese isolierten sie zunächst die Erreger, die sich am häufigsten im Schleim von 20 Patienten mit chronischer Sinusitis finden. In den Proben fanden sie dabei zwischen zwei und sechs verschiedene Erregerstämme pro Patient. 14 dieser Bakterien kultivierten die Wissenschaftler im Labor, bis sich dichte Biofilme ausgebildet hatten. Dann gaben sie das Enzym NocB dazu.
Das Ergebnis war deutlich: In immerhin 58 Prozent der Fälle zerstörte das Enzym den DNA-Kleber in den Biofilmen und beseitigte dadurch auch die Bakterien. Nach Ansicht der Forscher weckt dies große Hoffnung, dass sich NocB als alternative Therapie auch gegen chronische Sinusitis einsetzen lassen könnte. „Davon könnten Tausende von Patienten profitieren“, sagt Elbadawey. Die Forscher suchen nun aktiv nach einem Partner in der Pharma-Industrie, mit dem sie das Enzym zu einem marktfähigen Medikament weiterentwickeln können.