Alkohol wird im Körper zu Acetaldehyd abgebaut, der anschließend vom Enzym Aldehyddehydrogenase (ALDH-2) in die für den Körper unproblematische Essigsäure überführt wird. Daidzin blockiert wie konventionelle Wirkstoffe ALDH-2, so dass der Alkohol nicht mehr vollständig abgebaut werden kann und sich das giftige Acetaldehyd anreichert. Im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen dockt Daidzin jedoch ausschließlich an der ALDH an, so dass es andere Stoffwechselvorgänge nicht beeinträchtigt. Genau darin bestehen die Nebenwirkungen des bisher oft verwendeten Wirkstoffs Disulfiram. Dieser stammt aus den 50er Jahren und würde laut Diamond heute nicht einmal mehr als Medikament zugelassen. Daidzin wirkt prinzipiell jedoch ähnlich wie Disulfiram: Es erhöht den Gehalt an Acetaldehyd im Blut, das für die unangenehmen Nebenerscheinungen des Trinkens wie Schwindel und Unwohlsein verantwortlich ist. Dieses Unwohlsein macht es Trinkern praktisch unmöglich, große Mengen Alkohol zu konsumieren.
Gleichzeitig verändert Daidzin den Dopamin-Spiegel im Gehirn und damit auch das Risiko, nach einer Abstinenzphase rückfällig zu werden: Der als Belohnungshormon bekannte Botenstoff wird im Gehirn von Suchtkranken in hohen Mengen ausgeschüttet, wenn sie ihre Droge einnehmen. Dafür sinkt der Dopaminspiegel bei Entzug drastisch. Dieses Auf und Ab, das das Verlangen nach der Droge steuert, wird von Daidzin abgefangen, konnten die Forscher zeigen. Sie wollen nun mit klinischen Tests beim Menschen beginnen. In der traditionellen chinesischen Medizin wird Daidzin schon lange verwendet. Es wird aus der Pflanze Kudzu oder Kopoubohne gewonnen. Das Kraut ist Botanikern unter dem Namen Pueraria lobata bekannt und verwandt mit Hülsenfrüchten und Klee. Es wurde aus Japan eingeschleppt und gedeiht in vielen europäischen Gärten.