Im ersten Experiment mussten die Probanden Sätze aus gegebenen Wortgruppen bilden. Bei einer Hälfte der Versuchspersonen enthielten die Wortgruppen mit Sauberkeit verbundene Begriffe. Bei der Kontrollgruppe waren ausschließlich neutrale Wörter in den Wortmengen enthalten. Unmittelbar nach dem ersten Test mussten die Studenten sechs moralische Dilemmata bewerten. So hatten sie beispielsweise das Verhalten eines unehrlichen Finders einer Brieftasche zu beurteilen oder eines Bewerbers, der einen Lebenslauf fälscht, um gut dazustehen.
Danach befragten die Psychologen die Probanden nach ihrem emotionalen und dem moralischen Urteil über das jeweilige Verhalten. Während die Gefühlsregungen bei beiden Gruppen gleich stark ausgeprägt waren, bewerteten jene Studenten der Sauberkeitsgruppe den Verstoß gegen moralische Regeln als weniger dramatisch als ihre Kommilitonen, die nur neutrale Begriffe gelesen hatten.
In früheren Studien hatten Forscher bereits die Auswirkung des Ekels auf die Bewertung ethisch bedenklicher Situationen untersucht. Diesen Studien zufolge stufen angeekelte Menschen moralisch zwiespältige Aktionen als besonders verwerflich ein. Die britischen Wissenschaftler untersuchten daher in einem zweiten Experiment das Verhältnis von Ekel, dem momentanen Reinlichkeitsempfinden und moralischen Urteilen. Dazu mussten sich die Studenten eine ekelerregende Szene aus dem Film „Trainspotting“ ansehen, während sie alleine im Projektionsraum saßen. Nach der Szene wurde die Hälfte der 40 Probanden unter einem Vorwand gebeten, sich die Hände mit Seife zu waschen.
Während die emotionalen Empfindungen wiederum bei allen Studenten der beiden Gruppen nahezu identisch waren, zeigte sich erneut bei der moralischen Bewertung ein signifikanter Unterschied: Obwohl alle Probanden nach dem Film gleichermaßen angeekelt waren, bewerteten die Studenten mit gewaschenen Händen die sechs Dilemmata milder als ihre Kommilitonen.
Das Händewaschen werde intuitiv mit Reinheit verbunden, erklärt Schnall. Dieser Reinheitsbegriff schlägt sich auch auf das Urteil nieder, egal, ob die Intuition mit dem eigentlichen Dilemma im Kontext steht oder nicht.