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Warum wir nicht ständig Todesangst haben

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Warum wir nicht ständig Todesangst haben
Menschen sind beim Gedanken an ihren eigenen Tod nur deswegen nicht vor Angst wie gelähmt, weil eine Art psychologisches Immunsystem sie davor schützt: Sobald sich jemand mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzt, beschwört dieser Abwehrmechanismus automatisch positive Assoziationen und Erinnerungen herauf, die den Schrecken kompensieren. Das haben zwei amerikanische Psychologen bei Tests mit insgesamt 430 Studenten gezeigt. Bewusst war den Studienteilnehmern ihre veränderte Gefühlslage dabei nicht ? sie beschrieben ihre Emotionen vielmehr als „neutral“ bis „etwas negativ“.

Schon länger beschäftigen sich Psychologen mit der Frage, warum der Gedanke an den eigenen Tod zwar das Bewusstsein stark beschäftigt und auch Verhaltensänderungen auslösen kann, meist jedoch nur ein verblüffend geringes emotionales Echo hervorruft. Eigentlich, meinen die Forscher, müssten die Unausweichlichkeit und das Unbekannte bei einer Konfrontation mit dem Tod doch Angst oder sogar Panik auslösen, die den Betreffenden vollkommen lähmt. Dass das nicht der Fall ist, wird bereits seit einiger Zeit einem effektiven Schreckensmanagement des Gehirns zugeschrieben, einem psychologischen Immunsystem eben, das den Geist vor genau dieser lähmenden Angst schützt.

Wie es genau funktioniert, konnten Nathan DeWall und sein Kollege Roy Baumeister allerdings erst jetzt zeigen. Dazu teilten sie ihre Probanden in jeweils zwei Gruppen ein, von denen sich die eine mit dem eigenen Tod beschäftigen sollte ? etwa durch Fragen wie „Was passiert mit Ihrem Körper, wenn Sie sterben?“ oder „Stellen Sie sich vor, wie es sich anfühlt, tot zu sein“ ?, während die andere an einen unangenehmen Zahnarztbesuch denken sollte. Anschließend hatten die Teilnehmer verschiedene Sprachtests zu absolvieren, die unbewusste Assoziationen verraten sollten. So ließen die Forscher die Probanden beispielsweise Wortfragmente vervollständigen, aus denen sich entweder ein emotionales oder ein neutrales Wort formen ließ. Ein Beispiel dafür wäre etwa der Wortstamm „glü-„, der entweder als „glühen“ oder als „glücklich“ interpretiert werden kann.

Alle Tests zeigten das gleiche Ergebnis: Hatten sich die Teilnehmer zuvor mit dem Tod auseinandergesetzt, neigten sie, ohne sich dessen bewusst zu sein, eher zu positiven Assoziationen. Das psychologische Immunsystem sorgt angesichts der heftigen Bedrohung durch den Schrecken des Todes also einerseits dafür, dass positive Informationen schneller zugänglich gemacht werden und dass sie andererseits über die negativen dominieren, erklären die Forscher. Etwas abgeschwächt lasse sich dieser Mechanismus auch bei älteren Menschen beobachten ? auch sie konzentrieren sich umso stärker auf das Positive in ihrem Leben, je näher der Tod rückt.

Nathan DeWall (Universität von Kentucky in Lexington) und Roy Baumeister (Florida State University): Psychological Science, Band 18, Seite 984 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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Zahn|li|lie  〈[–lj] f. 19〉 Angehörige einer Gattung der Liliengewächse mit einer Zwiebel, die einem Zahn ähnelt: Erythronium

La|ter|nen|fisch  〈m. 1; Zool.〉 die Tiefsee bewohnender Knochenfisch, der sich vor allem nachts in höheren Wasserschichten aufhält, mit zwei Reihen von Leuchtorganen: Myctophidae

Pu  〈chem. Zeichen für〉 Plutonium

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