Grundlage des Forschungsansatzes bildete die Theorie des Effekts des sogenannten Regulativen Fokus, wonach sich Menschen bei ihrer Strategie zur Bewältigung von Aufgaben zwei Grundtypen zuordnen lassen: Ihr Fokus liegt entweder auf dem ambitionierten Anspruch etwas zu erreichen (Promotion) oder auf einer wachsamen, pflichtbewussten und auf Sicherheit bedachten Herangehensweise (Prävention). Zudem spielt eine Rolle, wie eine Drucksituation wahrgenommen wird – ob eher als Bedrohung oder als Chance sich zu beweisen.
Maximilian Pelka von der Ruhr-Universität Bochum und seine Kollegen wollten nun herausfinden, ob der Regulative Fokus eines Torhüters einen Einfluss auf seine Leistung während des Elfmeterschießens hat. „Außerdem interessierte uns die Kombination von Torwart-Typ, der Wahrnehmung und des Charakters einer Situation“, erklärt Pelka. Er testete für die Studie 18 Juniorentorhüter zwischen 16 und 19 Jahren, die bis auf zwei Ausnahmen alle zum Zeitpunkt der Erhebung in der jeweiligen höchsten Spielklasse spielten. Ihr Regulativer Fokus wurde im Vorfeld per Fragebogen erfasst. Direkt vor dem Test-Elfmeterschießen wurden zehn Torwarte mit einer Promotions- und acht Torwarte mit einer Präventionsinstruktion angeleitet: Also entweder, „es ist dein Anspruch so viele Elfmeter abzuwehren wie möglich“ (Promotion) oder „es ist deine Pflicht so wenige Elfmeter wie möglich durchzulassen“ (Prävention).
Fokus und Instruktionen sollten übereinstimmen
Die Auswertungen ergaben: Die Torhüter waren am erfolgreichsten, wenn ihr Fokus und die Instruktionen für die Torwartleistung übereinstimmten. „Die Kombination aus individueller Orientierung und situativen Gegebenheiten könnte daher ein innovativer Faktor in der Leistungsoptimierung sein und Ansätze für die Entwicklung individuell angepasster Instruktionen für verschiedene Situationen liefern“, folgert Pelka.
Ralf Fährmann (Torhüter des FC Schalke 04) berichtete kürzlich in einem Interview von seiner Theorie, Torhüter sollten sich nicht sagen: „Ich darf den Ball nicht ins Tor bekommen. Dann speichert sich das Gehirn das nämlich so ab, dass man selbst die Gefahr sieht, den Ball doch ins Tor zu bekommen. Stattdessen muss man sich denken: Ich halte jeden Ball“. Diese Aussage lässt sich durch die aktuellen Studienergebnisse allerdings nur bedingt bestätigen. Falls ein Torhüter eine eher präventiv-orientierte Einstellung besitzt, könnte er mit der „Ich darf den Ball nicht ins Tor bekommen“-Variante durchaus ebenfalls optimal erfolgreich sein.