Jeder weiß, Hunger verändert Verhalten und Einstellungen des Menschen: Wir machen uns auf die Suche nach Nahrungsmitteln und schätzen ihren Wert auch höher ein, als wenn wir satt sind. Doch Hunger kann darüber hinaus sogar unsere Gier nach Geld steigern, haben frühere Untersuchungen bereits gezeigt. Es wurde allerdings vermutet, dass dies am Tauschmittel-Charakter des Geldes liegt – man kann sich ja bekanntlich Nahrung kaufen. Um die Effekte des Hungers nun weiter aufzuschlüsseln, haben die Forscher um Alison Jing Xu von der University of Minnesota in Minneapolis eine Reihe von Verhaltensexperimenten durchgeführt. An der Studie nahmen insgesamt 339 Freiwillige teil. Grundlage der meisten Teilversuche war ein Vortest: Die Probanden gaben zunächst auf einer Skala von eins bis zehn an, wie hungrig sie waren. Danach wurde dann ihre Neigung zum “haben wollen” untersucht.
Hungrige reagieren anders auf Wortspiele
Eines der Experiment erfasste die Versuchsfrage dabei über die sprachliche Ebene: Die Probanden wurden mit Texten konfrontiert, die aus Nichtwörtern und tatsächlichen Wörtern bestanden. Sie erschienen kurz auf einem Bildschirm und die Probanden sollten anschließend berichten, welche Wörter sie erkannt hatten. Bei den echten Wörtern handelte es sich entweder um neutrale Begriffe, wie “sprechen” oder “Fußboden” oder um solche aus dem Konzept “haben wollen”: “Bekommen”, “Gewinn” und so weiter. Bei der dritten Kategorie handelte es sich hingegen um Begriffe aus dem Bereich Hunger: beispielsweise “Appetit” oder “verhungern”. Es zeigte sich: Je hungriger die Probanden waren, desto besser erkannten sie Wörter, die mit Esslust zu tun hatten. Doch die Forscher stellten außerdem fest: Dies gilt auch für die Begriffe aus der Kategorie “haben wollen” – auch in diesem Fall erhöhte der Hunger die Erkennungsrate im Vergleich zu den neutralen Begriffen.
Die weiteren Experimente der Forscher konzentrierten sich anschließend auf die konkrete Neigung “haben zu wollen”. Die Studienteilnehmer sollten dazu Gegenständen und Nahrungsmitteln auf einer Liste mit Punkten versehen, die ausdrückten, wie gern sie diese haben würden. Die Auswertungen dieses Versuchs ergaben: Je hungriger die Probanden waren, desto mehr Punkte gaben sie beispielsweise dem Sandwich – aber auch die Nicht-Nahrungsmittel, wie beispielsweise die kabellose Maus, ernteten insgesamt mehr Punkte als bei Studienteilnehmer, die nicht hungrig waren.
Besser nicht hungrig einkaufen?
Abgerundet wurden die Studienergebnisse schließlich durch eine Untersuchung in einem Shoppingcenter. Die Forscher baten hier einige Kunden an der Kasse, deren Einkaufsbon auswerten zu dürfen. Zusätzlich machten auch diese Studienteilnehmer Angaben darüber, wie hungrig sie sich auf einer der Skala von eins bis zehn einschätzten. Dieser Untersuchungsansatz untermauerte ebenfalls die vorhergehenden Ergebnisse, berichten die Wissenschaftler: Je hungriger sich die Personen eingeschätzt hatten, desto mehr hatten sie eingekauft – und das galt auch für Nicht-Lebensmittel.
So kommen die Forscher schließlich zu dem Fazit: Hunger schaltet offenbar ein Verhaltensprogramm beim Menschen an, das mit einem allgemeinen “haben wollen” einhergeht. Dadurch macht das Gefühl auch mehr Lust auf Dinge, welche die eigentliche Motivation gar nicht befriedigen können. Für den Verbraucher könnte dies nun konkret bedeuten: Wer sparen will, sollte offenbar eher nicht hungrig einkaufen gehen – egal, ob es sich um einen Lebensmitteleinkauf handelt oder nicht.