Telomere ? Spiegel der Lebensumstände
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass beispielsweise Rauchen, falsche Ernährung und chronischer Stress die Verkürzung der Telomere beschleunigen können. Es gab auch Hinweise darauf, dass eine Kindheit in sozialer Kälte sich in verkürzten Telomeren widerspiegelt. Diesen Zusammenhang konnten Idan Shalev von der Duke-Universität in Durham und seine Kollegen nun bestätigen. Die Forscher nutzten dabei Informationen aus einer Langzeituntersuchung britischer Kinder, die in den Jahren 1994 und 1995 geboren worden waren: Im Alter von jeweils fünf und zehn Jahren hatten 236 Kinder DNA-Proben abgegeben, die die Forscher nun analysieren und vergleichen konnten. Befragungen der Erziehungsberechtigten hatten zudem ergeben, welche Kinder Gewalterlebnisse erfahren hatten.
Die Auswertungen ergaben, dass etwa 42 Prozent der Kinder Opfer von Misshandlungen, Mobbing oder häuslicher Gewalt gewesen waren. Genau dies spiegelte sich den Forschern zufolge auch im Erbgut der kleinen Probanden wider: Ihre Telomere hatten sich in den fünf Jahren zwischen den beiden DNA-Proben im Durchschnitt deutlich stärker verkürzt als bei Altersgenossen, die keine Misshandlungen erlebt hatten. Auch ein bedrückender Dosiseffekt sei zu verzeichnen gewesen, berichten die Forscher: Je mehr Gewalterfahrungen ein Kind durchlebt hatte, desto stärker hatten sich seine Telomere verkürzt.
Die molekularen Hintergründe des Zusammenhangs sind noch nicht abschließend geklärt, betonen Idan Shalev und seine Kollegen. Vermutlich nagen aber übermäßige Immunreaktionen oder freie Radikale an den Telomeren. Von diesen Faktoren sei bereits bekannt, dass sie im Zusammenhang mit Stresssituation auftreten und dann ihre schädliche Wirkung entfalten.