Die Auswertungen ergaben: Eine gähnende Person steckt am ehesten Menschen im Umfeld an, die mit ihr verwandt sind. Darauf folgen Freunde, dann Bekannte und die geringste Ansteckungskraft hat das Gähnen gegenüber Fremden. Alle anderen Faktoren, wie Geschlecht, Nationalität, Umfeld oder Uhrzeit spielen dagegen keine Rolle. Fremde lassen sich zwar auch zum Gähnen animieren, das kommt aber vergleichsweise seltener, verzögerter und mit weniger Gähn-Wiederholungen vor, zeigten die Auswertungen von Norscia und Palagi.
Die Ergebnisse belegen den Forschern zufolge die Theorie, dass die ansteckende Eigenschaft des Gähnens etwas mit der menschlichen Eigenschaft zu tun hat, sich in andere hineinversetzen zu können. Der Grad dieser sogenannten Empathie ist dabei bekannterweise an die Vertrautheit zwischen Personen gekoppelt: Je näher uns eine Person steht, desto mehr fühlen wir mit ihr und spiegeln auch ihr Verhalten wider. Dieser Zusammenhang wird also ebenfalls in der Abstufung der Ansteckungskraft des Gähnens deutlich, sagen die Forscher.
Die Ergebnisse und Interpretationen von Norscia und Palagi stehen im Einklang mit früheren Studien: Es war beispielsweise bereits bekannt, dass autistische Kinder sich nicht so leicht vom Gähnen eines anderen Menschen anstecken lassen wie Menschen ohne diese Störung. Die Forscher dieser Studie interpretierten dies ebenfalls als ein Zeichen dafür, dass Einfühlungsvermögen und Mitgefühl Voraussetzungen für das Phänomen des ansteckenden Gähnens sind, denn genau diese Fähigkeiten sind bei den meisten Autisten nur schwach ausgeprägt.