Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Der Ansteckungskraft des Gähnens auf der Spur

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Der Ansteckungskraft des Gähnens auf der Spur
162321_web_r_k_by_konstantin_gastmann_pixelio.de.jpg
Credit: Konstantin Gastmann / pixelio.de
Ein Forscher-Duo hat das Phänomen des ansteckenden Gähnens entschlüsselt: Die Ansteckungskraft ist demnach allein vom Grad der Vertrautheit mit dem Gegenüber abhängig. Den beiden Wissenschaftlern zufolge sei dieses Ergebnis ein weiterer Beleg für den Erklärungsansatz, dass der Mensch das Gähnen anderer widerspiegelt, weil er sich unbewusst in sie hineinversetzt.

Ivan Norscia von der Universität Pisa und Elisabetta Palagi vom Institute of Cognitive Sciences and Technologies in Rom wollten durch ihre Studie herausfinden, welche Faktoren des Gähnens seine Ansteckungskraft beeinflussen. Die Forscher betätigten sich dazu ein Jahr lang als Gähn-Detektive: Sie beobachteten insgesamt 109 Männer und Frauen in Europa, Nordamerika, Asien und Afrika bei alltäglichen Situationen, wie beispielsweise bei der Arbeit oder in Gaststätten. Die Probanden und ihre Beziehungen untereinander waren den Forschern bekannt. Ihre Aufzeichnungen über das Gähnverhalten machten Norscia und Palagi bei den Beobachtungssituationen heimlich auf dem Handy. Sie dokumentierten dabei eine Menge ?W-Faktoren?: Wer gähnte wann, wie und wo und wer ließ sich davon wie anstecken. Ihre gesammelten Daten werten sie dann am Computer aus, um die ausschlaggebenden Faktoren rund um das Phänomen zu identifizieren.

Die Auswertungen ergaben: Eine gähnende Person steckt am ehesten Menschen im Umfeld an, die mit ihr verwandt sind. Darauf folgen Freunde, dann Bekannte und die geringste Ansteckungskraft hat das Gähnen gegenüber Fremden. Alle anderen Faktoren, wie Geschlecht, Nationalität, Umfeld oder Uhrzeit spielen dagegen keine Rolle. Fremde lassen sich zwar auch zum Gähnen animieren, das kommt aber vergleichsweise seltener, verzögerter und mit weniger Gähn-Wiederholungen vor, zeigten die Auswertungen von Norscia und Palagi.

Die Ergebnisse belegen den Forschern zufolge die Theorie, dass die ansteckende Eigenschaft des Gähnens etwas mit der menschlichen Eigenschaft zu tun hat, sich in andere hineinversetzen zu können. Der Grad dieser sogenannten Empathie ist dabei bekannterweise an die Vertrautheit zwischen Personen gekoppelt: Je näher uns eine Person steht, desto mehr fühlen wir mit ihr und spiegeln auch ihr Verhalten wider. Dieser Zusammenhang wird also ebenfalls in der Abstufung der Ansteckungskraft des Gähnens deutlich, sagen die Forscher.

Die Ergebnisse und Interpretationen von Norscia und Palagi stehen im Einklang mit früheren Studien: Es war beispielsweise bereits bekannt, dass autistische Kinder sich nicht so leicht vom Gähnen eines anderen Menschen anstecken lassen wie Menschen ohne diese Störung. Die Forscher dieser Studie interpretierten dies ebenfalls als ein Zeichen dafür, dass Einfühlungsvermögen und Mitgefühl Voraussetzungen für das Phänomen des ansteckenden Gähnens sind, denn genau diese Fähigkeiten sind bei den meisten Autisten nur schwach ausgeprägt.

Anzeige
Ivan Norscia von der Universität Pisa und Elisabetta Palagi vom Institute of Cognitive Sciences and Technologies in Rom: PLoS ONE, doi:10.1371/journal.pone.0028472 © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Sub|kon|ti|nent  〈m. 1; Geogr.〉 durch seine Größe u. geograf. Lage hervorgehobener Teil eines Kontinents ● der indische ~ Vorderindien … mehr

Wid|der  〈m. 3〉 1 〈Zool.〉 männliches Schaf, Schafbock 2 〈Astron.〉 Sternbild des nördlichen Himmels … mehr

pro|ben  〈V. t.; hat〉 üben ● ein Theaterstück ~ [<lat. probare … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige