Im Jahr 2011 erreichte der Handel mit illegalem Elfenbein einen neuen Rekordwert: 39.000 Kilogramm der heißen Ware wurden beschlagnahmt – das entspricht den Stoßzähnen von fast 6.000 Elefanten. Und die Nachfrage nach dem mattweißen Naturmaterial steigt ungebrochen. China ist mit einem Anteil von 70 Prozent der größte Importeur, dort wird das Elfenbein vor allem zu Kunstwerken und geschnitzten Siegeln verarbeitet. In den USA, dem zweitgrößten Markt, werden daraus Messer- und Pistolengriffe. Um die Elefanten zu schützen und dem brutalen Schlachten ein Ende zu machen, wurde der Handel mit Stoßzähnen Asiatischer Elefanten bereits 1975 verboten, der mit Elfenbein afrikanischer Herkunft 1989. Doch das hält die Wilderei nicht auf: 30.000 Afrikanische Elefanten jährlich fallen Elfenbeinjägern zum Opfer, schätzten Vertreter der Artenschutzkonvention CITES.
Zoll und Behörden sind häufig machtlos gegen die Schwemme illegalen Elfenbeins. Größtes Problem dabei: In den USA und einigen anderen Ländern dürfen Objekte aus afrikanischem Elfenbein, die vor 1989 hergestellt wurden, noch eingeführt und gehandelt werden. Eine genaue Altersbestimmung solcher Stücke war aber kaum möglich – bis jetzt. „Wir haben eine Methode entwickelt, mit der wir das Alter eines Stücks Elfenbeins oder eines Stoßzahns feststellen können – und das zu erschwinglichem Preis“, berichtet Erstautor Kevin Uno von der University of Utah in Salt Lake City. In Tests mit 29 Proben von Tierhaaren, Stoßzähnen und anderen tierischen und pflanzlichen Materialien unterschiedlichen Alters gelang es den Forschern, diese bis auf das Jahr genau zu datieren.
C-14 aus Kernwaffen-Explosionen als Datierungshilfe
Die neue Methode basiert auf der sogenannten Bombenkurve – den durch die Nukleartests der 1950er und 60er Jahre verursachten atmosphärischen Veränderungen. Die Explosionen der Atomwaffen ließen in der Atmosphäre besonders viel von dem schweren Kohlenstoff-Isotop C-14 entstehen. Als Folge stiegen die C-14-Werte ab 1952 stark an und sanken nach Ende der Kernwaffentests Anfang der 1970er wieder langsam ab. Das C-14 gelangt über Kohlendioxid und die Nahrungskette auch in pflanzliche und tierische Gewebe. Gleicht man den Gehalt dieses Kohlenstoff-Isotops mit der bekannten Kurve der atmosphärischen C-14-Werte ab, kann man daraus schließen, wann ein Tier zuletzt Kohlenstoff in seinen Körper eingebaut hat – und damit auch, wann es vermutlich starb.
Im Falle der Elefanten ist dieser Abgleich besonders gut möglich: Denn die Stoßzähne wachsen Jahr für Jahr ein Stück weiter, der jeweils jüngste Abschnitt liegt dabei direkt an ihrer Basis. Misst man dort den C-14-Gehalt, lässt sich so feststellen, wann der Elefant starb. Für ihre Studie nutzten die Forscher dafür die sogenannte Accelerometer Massenspektrometrie (AMS). Bei diesem Verfahren wird die Probe mit Cäsiumatomen beschossen. Diese schlagen beim Auftreffen Kohlenstoffatome aus dem Material, deren Isotopenverhältnis dann bestimmt werden kann. Der große Vorteil: Die Analyse benötigt tausendfach weniger Material als bisherige C-14-Tests und sie geht schnell, wie die Forscher berichten. „Sie könnte daher gut genutzt werden, um beschlagnahmtes Elfenbein zu datieren und zu bestimmen, ob es legal oder illegal ist“, erklärt Koautor Thure Cerling von der University of Utah.
Das Verfahren könnte auch dazu beitragen, die Wilderei vor Ort effektiver zu bekämpfen: Im Jahr 2004 hat ein Forscher der University of Washington anhand von DNA-Proben aus Kotresten eine Verbreitungskarte afrikanischer Elefantenpopulationen erstellt. Anhand von Erbgutspuren im Elfenbein lässt sich dessen Herkunft so zurückverfolgen. Kombiniert man dies nun mit der C-14-Datierung, kann man nicht nur genauer sagen, wann der Elefant getötet wurde, sondern auch wo – und entsprechende Schutzmaßnahmen für die restlichen Population einleiten. Wie nötig das ist, zeigen die jüngsten Zahlen der International Union for Conservation of Nature (IUCN): Nur noch rund 423.000 Afrikanische Elefanten ziehen heute durch die Savannen und Wälder Afrikas – und es werden immer weniger.