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Facht der Klimawandel Konflikte an?

Erde|Umwelt

Facht der Klimawandel Konflikte an?
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Credit: Thinkstock
Erhitzte Gemüter in der Sommer-Glut: Viele Menschen reagieren gestresst und gereizt bei ungewöhnlich hohen Temperaturen. Global und historisch betrachtet sei dieser Effekt auch feststellbar, sagen nun US-Forscher. Deshalb bringe der Klimawandel eine erhebliche Erhöhung des menschlichen Konfliktpotentials auf der Erde mit sich. Ihr analytischer Blick in Geschichte und Gegenwart zeigt, dass Temperaturerhöhungen mit einem steigenden Risiko sowohl für zwischenmenschliche Gewalt in Gesellschaften einhergehen, als auch für politische Umwälzungen und Kriege. Doch offenbar sind diese Ergebnisse umstritten – das geht aus einem Begleitartikel im Fachmagazin „Science“ hervor.

Wetterextreme häufen sich und der Meeresspiegel steigt – die weltweite Erhöhung der Durchschnittstemperaturen bringt handfeste Bedrohungen für die Menschheit mit sich. Viele Forschergruppen weltweit beschäftigen sich mit der Frage, welche Katastrophenszenarien uns in diesem Zusammenhang erwarten. Einige Forscher beschäftigen sich allerdings auch mit einem weniger vordergründigen Aspekt, den der Klimawandel mit sich bringen könnte: dem Einfluss von Klimaveränderungen auf das menschliche Aggressionsverhalten.

 

Um dieser Frage nachzugehen, werteten Solomon Hsiang von der Princeton University und seine Kollegen Studien und andere Informationsquellen aus, die sich mit dem Zusammenhang von Klimaeffekten und menschlichem Verhalten beschäftigt haben. Sie stammten aus unterschiedlichen Themengebieten wie beispielsweise Archäologie, Wirtschaft und Psychologie. Das Zeitfenster der Daten reicht von 8.000 v. Chr. bis in die Gegenwart und spiegelt Informationen aus allen wichtigen Regionen der Welt wider. „Wir haben 60 Informationsquellen mit 45 verschiedenen Datensätzen gesammelt und die Daten und Erkenntnisse in einen gemeinsamen statistischen Rahmen gesetzt“, berichtet Hsiang.

 

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Im Fokus der Auswertungen standen klimatische Effekte auf drei Kategorien des menschlichen Zusammenlebens. Erstens: zwischenmenschliche Gewalt – wie Mord, Körperverletzung, Vergewaltigung und häusliche Gewalt. Zweitens: Gewalt zwischen Gruppen – wie Kriege, Unruhen, ethnische Gewalt und Landbesetzungen. Und drittens: politische Instabilität – wie abrupte Veränderungen in staatlichen Institutionen oder der Zusammenbruch ganzer Zivilisationsformen. Konkrete Beispiele für die Kategorien sind Daten über häusliche Gewalt in Indien und Australien; vermehrte Überfälle und Morde in den USA und Tansania; ethnische Gewalt in Europa und Südasien; Landbesetzungen in Brasilien; Polizeigewalt in Holland; zivile Konflikte in den Tropen und der Zusammenbruch der Maya-Kultur beziehungsweise chinesischer Herrscher-Dynastien.

 

Buchstäblich gewaltiger Klimawandel

 

Bei allen untersuchten Teilbereichen stellten die Wissenschaftler einen statistischen Zusammenhang zu höheren Temperaturen und extremen Niederschlägen fest. Die Auswertungen deckten ihnen zufolge außerdem weltweit ähnliche Muster von Konflikten im Rahmen klimatischer Veränderungen auf. Vor diesem Hintergrund erscheine nun der Blick in die Zukunft besonders alarmierend: Unterm Strich könnte das erhöhte Konfliktpotential als Folge der Klimaerwärmung die Entwicklung der Menschheit auf unserem Planeten deutlich negativ beeinflussen. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass ein globaler Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius bis zum Jahr 2050 die Rate von Konflikten wie beispielsweise von Bürgerkriegen in vielen Teilen der Welt um mehr als 50 Prozent erhöhen könnte. Die Forscher räumen allerdings ein, dass nicht klar sei, wie Menschen in modernen Kulturen auf steigende Temperaturen und variable Niederschläge reagieren: „Es ist möglich, dass zukünftige Gesellschaften besser damit zurechtkommen – ich hoffe, dass das so sein wird“, sagt Co-Autor Edward Miguel von der University of California in Berkeley.

 

Fragen bleiben offen

 

Was genau hinter den festgestellten Effekten steckt, bleibt offen. Dieser Frage wollen sich die Wissenschaftler nun zukünftig widmen. Wahrscheinlich spielen mehrere Mechanismen eine Rolle, da keine einzelne Theorie alle Effekte erklären könne. Wirtschaftliche Schwierigkeiten, die mit Klimaveränderungen einhergehen können, sind wahrscheinlich ein Aspekt, der Menschen aggressiv macht. Doch das allein wäre offenbar zu einfach: „Informationen, die zeigen, dass hohe Temperaturen Gewalt und Verbrechen ansteigen lassen, scheinen darauf hinzudeuten, dass auch physiologische Reaktionen wichtig sind“, gibt Co-Autor Marshall Burke von der University of California in Berkeley zu bedenken. „Wir sollten versuchen zu verstehen, warum Klimaänderungen Konflikte verursachen, damit wir helfen können, Gesellschaften an diese Umstände anzupassen“, ergänzt er.

 

Es gibt bereits seit 20 Jahren eine Gemeinde von Wissenschaftlern, die sich mit dem Zusammenhang von Klima und menschlichem Verhalten befassen. Unter ihnen gibt es offenbar recht unterschiedliche Ansichten über die Interpretation von Daten und statistischen Auswertungen. Die aktuelle Studie hat dies nun wieder deutlich gezeigt. Einige Experten werfen Hsiang und seinen Kollegen zweifelhafte statistische Ansätze vor und halten die Schlussfolgerungen für fragwürdig. Der Zusammenhang von Klima und menschlichem Verhalten scheint also ein Forschungsfeld mit Fragezeichen zu sein.

 

Originalarbeit der Forscher

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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