Eine viel diskutierte Gefahr von Windparks ist der Vogelschlag. Rund 1.000 Vögel, so schätzte der NABUbereits im Jahr 2005, sterben jährlich durch eine Kollision mit den Turbinen. Im Vergleich zu den Todesopfern, die Stromleitungen und Straßenverkehr fordern, ist diese Zahl gering. Doch für eine andere Tiergruppe sind die Turbinen offenbar regelrechte Todesfallen. Fledermäuse kommen den kreisenden Rotorblättern während der nächtlichen Jagd ins Gehege, insbesondere während der Zugzeit im Sommer. Sterben sie nicht durch einen direkten Zusammenstoß, können die Verwirbelungen und der Druckabfall hinter den Rotorblättern ihre inneren Organe zum Platzen bringen.
Wie viele Tiere tatsächlich ihr Leben lassen, ist schwer zu sagen. Mark Hayes von der University of Colorado hat nun in der Fachzeitschrift „BioScience“ eine neue Hochrechnung für die USA veröffentlicht. Sie basiert auf veröffentlichten Datensätzen für 22 Windparks in den Staaten. Die Zahl der Todesopfer schwankte je nach Region stark: In Harper County, Oklahoma, ließen pro Megawatt installierter Leistung im Schnitt nur 0,5 Fledermäuse ihr Leben. In Buffalo Mountain, Tennessee, lag dieser Wert bei 53,3. Hayes vermutet, dass die Lage der Windparks eine entscheidende Rolle spielt. „Standorte in der Nähe der Appalachen haben in dieser Analyse die höchsten geschätzten Sterberaten“, schreibt er. „Es ist bekannt, dass Fledermäuse saisonale Wanderungen entlang von Bergketten unternehmen.“
Fledermaus gegen Energiekonzern
Insgesamt schätzt Hayes die Zahl der jährlich in den USA getöteten Tiere auf 600.000. Dabei handele es sich um einen konservativen Wert, wie er betont – unter anderem deshalb, weil es zu Windparks in besonders fledermausreichen Bundesstaaten wie Texas, Arizona oder New Mexico kaum Zahlen gibt. Welche Auswirkungen die Windkraft auf den Fledermaus-Bestand hat, ist ebenfalls schwer zu sagen. Die kleinen, nachtaktiven Tiere sind schwierig zu zählen. „In vielen Fällen wären Forscher nicht einmal in der Lage, Populationen auf eine Größenordnung genau anzugeben“, schreibt Hayes. Sicher ist hingegen, dass Krankheiten wie das Weißnasen-Syndrom den Tieren zusätzlich zu schaffen machen. Da Fledermauseltern vieler Arten nur ein Junges pro Jahr großziehen, erholen sich die Tiere sehr langsam von den Folgen solcher Epidemien.
Auch in Deutschland erregt das fatale Verhältnis von Fledermaus und Windturbine immer mehr Aufmerksamkeit. Im August veröffentlichten Forscher der Universität Leipzig Untersuchungsergebnisse zu 42 Windparks – welche es waren, hielten sie jedoch auf Wunsch des Betreibers geheim. Pro Anlage starben im Schnitt zwölf Tiere. Hochgerechnet auf 25.000 Windanlagen in Deutschland ergäbe das etwa eine Viertelmillion Todesopfer pro Jahr, Tendenz steigend. Doch das Beispiel aus Amerika zeigt, dass die Zahl der getöteten Fledermäuse stark von der Lage der Windparks zusammenhängt. Hochrechnungen sind deshalb schwierig.
Sicher ist hingegen, dass mehr nachtaktive Gesellen überleben würden, wenn die Rotorblätter sich zumindest nachts oder während der Hauptzugzeiten langsamer drehen würden. Doch weniger Schwung bedeutet weniger Strom und damit weniger Einnahmen für die Energieerzeuger. Sieht aus, als bräuchte die Fledermaus dringend eine starke Lobby.