“Soll die Energiewende wirklich gelingen, müsste allein die Photovoltaik in Deutschland auf über 200 Gigawatt installierte Leistung ausgebaut werden”, so Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Aktuell sind es nur rund 40 Gigawatt. Dafür – und für die Umsetzung des Pariser Klimavertrags – hat die Bundesregierung nun erste Taten folgen lassen: in Form einer Neuauflage des Förderkredits, den die Kreditanstalt für Wiederaufbau beim Kauf eines Heimspeichers für Solarstrom vergibt. Die Neuerung besteht darin, dass das Geldinstitut eine Einspeisebegrenzung auf 50 Prozent der installierten Solarleistung eingeführt hat – und dass erstmals auch Speicher nachträglich an bestehende Photovoltaikanlagen angeschlossen werden können .
“Die Bundesregierung schafft die Grundlage, um den Zielkorridor für den Photovoltaik-Zubau in Deutschland … zu erhöhen und damit die zugesagte 1,5 Grad-Klimaschutzverpflichtung einzuhalten”, so Quaschning. In einer Studie untersuchten der Ingenieurwissenschaftler und sein Team, welchen Nutzen die 50-Prozent-Grenze bei der Einspeisung von Solarenergie ins Stromnetz hat.
Die Überlastung abschwächen
Die Grundidee hinter der Begrenzung ist folgende: An sonnigen Tagen sind Heimspeicher schnell aufgeladen – meist noch bevor die Leistungsspitze der Mittagssonne erreicht ist. Doch genau zur Mittagszeit fließt am meisten Strom ins Netz. Je größer der Anteil der Photovoltaik am Strommix, desto stärker bringen diese Mittagsspitzen die Netze an ihre Grenzen. Die Einspeisegrenze von 50 Prozent der maximalen Leistung soll die Überlastung abschwächen.
Wer einen Stromspeicher besitzt, hat zwei Möglichkeiten, die Grenze einzuhalten: Im Betriebsmodus A wird der Speicher wie bisher aufgeladen – so schnell es geht. Dann ist er am Abend mit hoher Wahrscheinlichkeit voll. Sobald der Speicher aber gefüllt ist, muss der gesamte Stromüberschuss, der die 50 Prozent und den Eigenverbrauch übersteigt, vernichtet werden.
Im Betriebsmodus B wird die Speicheranlage so eingestellt, dass der Strom bei mäßiger Sonneneinstrahlung zunächst ins Netz verkauft wird, ohne den Akku zu laden. Erst wenn die Leistung die 50 Prozent erreicht, wandert der zusätzliche Strom in den Speicher. So muss kein Strom vernichtet werden. Das Risiko für den Hausbesitzer besteht vielmehr darin, dass der Speicher am Abend, je nach Wetter tagsüber, nicht vollständig geladen ist.
Betriebsmodus A (Frühzeitige Batterieladung) und Betriebsmodus B (Prognosebasierte Batterieladung) im Vergleich. (Grafik: J. Weniger et al., 50%-Studie, 2016)
In ihrer Studie simulierten die Wissenschaftler beide Betriebsarten – für eine Photovoltaik- und Speicheranlage wie sie in einem typischen Einfamilienhaus arbeitet. Das heißt: 5 Kilowatt Spitzenleistung und 5 Kilowattstunden Speicherkapazität bei einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden. Im Betriebsmodus A speichert die Anlage jedes Jahr geringfügig mehr Strom als im Modus B: 1350 Kilowattstunden statt 1290 Kilowattstunden. Die Differenz von 60 Kilowattstunden muss der Hausbesitzer aus dem Netz zukaufen.
Dafür speist die Anlage im Modus B etwa 370 Kilowattstunden mehr ins Netz ein, weil sie kaum Strom vernichten muss. Legt man einen Einspeisetarif von 12 Cent pro Kilowattstunde und den derzeitigen Strompreis von etwa 28 Cent pro Kilowattstunde zugrunde, ergibt sich im prognosebasierten Modus B immerhin eine Ersparnis von rund 30 Euro pro Jahr. Eine nette Zugabe zum eigentlichen Zweck der Begrenzung – der Entlastung der Netze.
Damit die Anlage nach diesem Muster arbeitet, muss die Elektronik dies unterstützen: Basierend auf Erzeugungsdaten, Wettervorhersagen und dem zuvor ermittelten Verbraucherverhalten sollte die Anlage den gesamten Tagesverlauf im Voraus berechnen können – und den Betrieb bei Abweichungen ständig neu anpassen. Damit, so Quaschning, sei der Grundstein gelegt, um weitaus größere Mengen Sonnenstrom ins Netz zu integrieren. Die Hauptaufgabe, der Ausbau der Photovoltaik, steht aber noch bevor.