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Sterilisation durch Sonnenlicht und Nanoteilchen

Technik|Digitales

Sterilisation durch Sonnenlicht und Nanoteilchen
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Die Forscherinnen mit ihrem Solar-Autoklav (Jeff Fitlow / Rice University)
Autoklaven gehören zu den essenziellen Geräten in jeder Klinik und Arztpraxis. Denn mit ihnen werden medizinische Instrumente, aber auch kontaminierte Abfälle keimfrei gemacht. Heißer Hochdruck-Dampf tötet dabei die Erreger ab. Doch um diese Geräte zu betreiben benötigt man viel Strom – und genau der fehlt in vielen Entwicklungsländern oder fließt nur sporadisch. Infektionen durch unsterile Instrumente sind daher häufig. Abhilfe könnte jetzt eine Erfindung von US-Forschern schaffen. Sie haben einen Autoklaven entwickelt, der nur mit Hilfe des Sonnenlichts und spezieller Nanoteilchen den benötigten Dampf erzeugt. Er funktioniert daher völlig unabhängig vom Stromnetz.

„Mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu Elektrizität, ganz zu schweigen von den Strommengen, die für moderne Sterilisationssysteme nötig sind“, erklären Oara Neumann und ihre Kollegen von der Rice University in Houston. Mehr als die Hälfte aller Menschen in Entwicklungsländern sind zudem nur eingeschränkt per Straße erreichbar. Nachschub an sterilem Material dorthin zu bringen, ist daher oft kaum möglich. Kein Wunder also, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO Infektionen in Krankenhäusern und Arztpraxen als größtes Begleitproblem medizinscher Versorgung weltweit sieht. Dies zu ändern, war aber in Gegenden ohne Strom bisher nahezu aussichtslos. Eine chemische Desinfektion, beispielsweise mit Alkohol, tötet zwar ein Großteil der lebenden Keime ab, Sporen und andere widerstandsfähige Stadien überstehen dies aber. Eine Sterilisation mit heißem, unter Druck stehendem Dampf beseitigt dagegen alle Mikroorganismen mitsamt der Sporen, wie die Forscher erklären.

Nanoteilchen erzeugen bei Bestrahlung Dampf selbst in Eiswasser

Neumann und ihre Kollegen haben nun gleich zwei Autoklaven-Varianten entwickelt, die auch ohne Strom funktionieren. Kern beider Systeme sind dabei leitfähige Nanopartikel, die in einem Behälter mit Wasser vermischt werden. Die Besonderheit dieser Partikel: Sie absorbieren auftreffendes Sonnenlicht und wandeln dieses effektiv in Wärme um. Das Wasser in ihrem unmittelbaren Umfeld wird dadurch so stark aufgeheizt, dass sich eine dünne Hülle aus Dampf um die Teilchen bildet. Dieser steigt als Bläschen auf und tritt aus dem Wasser aus. Weil die Teilchen jeweils nur ihre engsten Umgebung aufheizen und nicht das gesamte Wasser im Gefäß, funktioniert die Dampferzeugung sogar im Eiswasser: „Selbst wenn die Flüssigkeit als Ganzes weiterhin nur null Grad Celsius hat, wird durch die Nanopartikel Dampf produziert“, berichten die Forscher.

Ob dieses Verfahren genügend Dampf und Hitze erzeugt, um auch medizinische Instrumente zu sterilisieren, prüften die Forscher mit zwei verschiedenen Autoklav-Varianten. Die eine basiert auf einem geschlossenen System, in dem der Dampf aus dem mit Nanoteilchen versetzten Wasser wieder in das Wassergefäß zurückgeleitet wird. Als Energiequelle reicht das durch eine einfache Linse konzentrierte Sonnenlicht aus. Die zweite Variante ist ein offenes System, bei dem zwar Wasser nachgefüllt werden muss, das aber dafür den Inhalt eines bis zu 14 Liter fassenden Behälters sterilisieren kann. Um das Wasser schnell zu erhitzen, konzentriert hier ein kleiner Hohlspiegel das Sonnenlicht. Mit beiden Varianten führten die Forscher einem Sterilisationszyklus durch und testeten dann mit einem bei Gesundheitsbehörden üblichen Indikator den Inhalt der Behälter auf Keime.

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Das Ergebnis: Beide Autoklaven schafften es, den Behälterinhalt zu sterilisieren. „Bei dem System mit geschlossenem Kreislauf wurde dies nach einem 30-minütigen Durchgang bei 115°C erreicht, beim offenen System in einem fünf Minuten Zyklus bei 132°C“. berichten die Forscher. Nach diesen Durchgängen habe der Indikator keinerlei Kontamination mit Keimen oder deren Sporen mehr angezeigt. Nach Ansicht der Forscher eröffnen diese neuen Solar-Autoklaven daher die Chance, auch in stromlosen Gegenden für ausreichend Hygiene bei der medizinischen Behandlung zu sorgen. Ein großer Vorteil dabei sei zudem, dass sich die Nanoteilchen nicht aufbrauchen und immer wieder verwendet werden können. Dadurch benötigen diese Autoklaven nichts weiter als Sonne und Wasser, um zu funktionieren. Wie Neumann und ihre Kollegen berichten, lassen sich die Systeme zudem so abwandeln, dass damit künftig auch Strom aus Dampf erzeugt, Abfälle entsorgt oder Wasser gereinigt werden könnte.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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