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Fracking: Fortschritt durch Forschung

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Fracking: Fortschritt durch Forschung
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Fracking könnte Deutschland unabhängiger von russischem Erdgas machen und das Wirtschaftswachstum antreiben. Ein Argument dagegen lautet stets: Für sicheres Fracking bedarf es noch weiterer Forschung. Ist diese Forderung nur ein Knüppel, den Umweltpolitiker und Bürger der Technologie zwischen die Beine werfen? Fakt ist: Einige Substanzen, die beim Fracking in den Boden gepresst werden, sind toxisch. Mehr Forschung könnte dabei helfen, dass die Industrie dieses Problem endlich in Griff bekommt.

Überall Krieg: im Irak, in der Ukraine, in Syrien und in Libyen. Die Lage in den Öl- und Gasförderländern im Nahen Osten ist fürchterlich. Und doch: Niedrige Preise lassen uns relativ entspannt tanken oder die Heizkostenabrechnung entgegennehmen. Analysten führen diesen erstaunlichen Befund unter anderem darauf zurück, dass die USA es als riesiger Energieverbraucher geschafft hat, durch die Förderung von Öl und Gas aus Schiefergas mithilfe der Fracking-Methode seinen Importbedarf zu senken – und damit auch die Nachfrage auf dem Weltmarkt. Kein Wunder, dass hierzulande Industrie und viele Politiker dieses US-Rezept gerne übernehmen würden.

Beim Fracking bricht ein zähflüssiges Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien, das unter hohem Druck eingepresst wird, gashaltige Gesteinsschichten auf und hält die entstandenen Risse offen. Befürworter weisen gerne darauf hin, dass auch in Deutschland schon seit den 1960er-Jahren „gefrackt“ wird. Tatsächlich haben Ölkonzerne vergleichbare Technologien eingesetzt, um vor allem in Niedersachsen konventionelle Erdgas-Lagerstätten vollständig ausbeuten zu können und um im Saarland oder im Ruhrgebiet aus Kohleflözen Gas zu gewinnen. Aus diesem Blickwinkel scheint es so, als ob hinter Aussagen von Politikern und Umweltexperten, die Technologie müsse weiterentwickelt und vor allem ihre Risiken besser erforscht werden, nur eines steckt: die Strategie, Zeit zu gewinnen und letztlich alle Schiefergestein-Fracking-Pläne ohne großes Aufsehen zu den Akten legen zu können.

Mehr Forschung kann Fracking umweltverträglicher machen

Dass Forschung durchaus auch Wege aufzeigen könnte, Fracking gesellschaftsfähig zu machen, zeigt sich am Beispiel der Fracking-Chemikalien. Gegenwärtig ist die Situation so, dass Fracking unverantwortlich ist. Eine am 13. August vorgestellte Studie liefert dafür einen neuen Beleg: Ein Wissenschaftler-Team vom Lawrence Berkeley National Laboratory hatte die Giftigkeit von 200 Substanzen unter die Lupe genommen, die in den USA beim Fracking zum Einsatz kommen, vor allem Additive – also Zusatzstoffe -, mit denen die Frac-Flüssigkeit verdickt oder der Bewuchs mit Mikroben verhindert wird. Das Ergebnis: Zwar sind die meisten Chemikalien ungiftig und teilweise sogar als Lebensmittelzusatz zugelassen. Doch acht Substanzen sind für Menschen und Säugetiere toxisch und vor allem: Bei einem Drittel der Chemikalien ist die Wirkung auf Umwelt und Gesundheit nicht bekannt.

In Deutschland legt das Unternehmen ExxonMobil freiwillig und lobenswerterweise die Zusammensetzung eingesetzter Frac-Flüssigkeiten offen. Erkennbar ist, dass in der Vergangenheit rund 150 Additive eingesetzt wurden, darunter auch giftige, erbgutschädigende oder umweltschädliche. Und zwar in erheblichen Mengen: Beispielsweise wurden 1998 allein in der Bohrung Damme 3 bei drei Fracks fast 20.000 Kilogramm Additive in den Untergrund gepresst.

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Auch der Gesetzgeber muss eingreifen

ExxonMobil gibt auf seinen Internetseiten das Ziel aus, künftig ohne gesundheits- oder umweltgefährdende Stoffe auszukommen. Falls das gelingt, wäre das ein Erfolg der Forschung. Und zwar einer, der dem Fracking zu mehr Akzeptanz verhelfen könnte. Um die Gefahren der Technologie durch Chemikalien noch weiter in den Griff zu bekommen, sollte der Gesetzgeber die Industrie verpflichten, das Grundwasser in der Umgebung der Bohrungen permanent mit Messungen zu überwachen und alle verwendeten Additive rechtsverbindlich in eine Datenbank einzutragen.

Allerdings sind die Chemikalien nicht der einzige Streitpunkt beim Fracking: Manche befürchten, es könnten Erdbeben ausgelöst werden. Auch die Frage, ob ein höheres Erdgasangebot dem Klima nützt oder schadet, ist noch nicht geklärt. Da kann ebenfalls nur die Wissenschaft verlässliche Antworten liefern.

 

Frank Frick

beschäftigt sich als promovierter Chemiker und preisgekrönter Chemie-Publizist mit den Wirkungen – gewünschten und unerwünschten – von Stoffen in Umwelt, Technik und Medizin. Auf wissenschaft.de schreibt er auch über die möglichen Auswirkungen, die neue naturwissenschaftliche, medizinische und technische Erkenntnisse auf unseren Alltag haben werden – ein Thema, das ihn seit rund 20 Berufsjahren als Wissenschaftsjournalist immer wieder fasziniert.

Frank Frick schreibt regelmäßig für bild der wissenschaft. Zuletzt sind von ihm  “ Alles Berechnung – Mathematiker entwickeln Schmerzmittel“ und “ Blutdruck statt Briefmarken – Die Sammelwut der Selbstvermesser“ erschienen.

 

© wissenschaft.de – Frank Frick
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