wissenschaft.de: Warum genügt es nicht, zentrale Großspeicher zu bauen?
Volker Quaschning: Diese Großbatterien liefern derzeit nur Regelleistung (kurzfristiger Ausgleich von Netzschwankungen, Anmerkung der Redaktion), und für zentrale Speicher, die auch einen größeren zeitlichen Ausgleich garantieren, gibt es bis heute kein Geschäftsmodell. Erschwert wird das auch dadurch, dass der Gesetzgeber keine attraktiven Rahmenbedingungen schafft: Betreiber eines Langzeit-Großspeichers müssen aktuell zweimal die EEG-Umlage zahlen, einmal beim Laden und einmal beim Entladen. Also immer, wenn man das öffentliche Netz nutzt – auch wenn der Speicher nur 20 Meter von der eigenen Solaranlage entfernt steht.
Bei Heimspeichern sieht es besser aus?
Deutlich – bei Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von unter zehn Kilowatt müssen derzeit keine Abgaben gezahlt werden. Und ich hoffe, dass sich das auch nicht ändert. Mit Heimspeichern kann man den Eigenverbrauch erhöhen, also einen größeren Anteil des Verbrauchs durch selbst produzierten Strom decken. Durch den eingesparten Zukauf von teurem Strom aus dem Netz kann sich das rechnen. Außerdem entlastet Eigenverbrauch die Netze.
Wo liegt dann das Problem?
Das Geschäftsmodell ist wirtschaftlich zum Teil noch grenzwertig: Mit einem spitzen Bleistift gerechnet kommt man gerade auf Null raus. Da wäre eine staatliche Speicherförderung für Privatinvestoren weiterhin sinnvoll, die läuft aber zum Jahresende aus und wird nicht verlängert. Das ist absolut unverständlich, denn der deutsche Heimspeichermarkt wird dadurch nächstes Jahr wahrscheinlich einen dramatischen Einbruch erleiden. Für die kleinen und mittelständischen Unternehmen aus der Speicherbranche ist es so schon schwer, mit riesigen Firmen wie Tesla mitzuhalten. Jetzt würgt man auch noch den Heimatmarkt ab.
Die Regierung investiert doch Hunderte Millionen Euro in Speicherforschung. Genügt das nicht?
Die Energiewende wird derzeit gebremst, damit die großen Stromkonzerne hinterherkommen. Damit man die Zeit nicht komplett verschläft, investiert man eben in Forschung. So war das auch bei der Photovoltaik. Jetzt haben wir mit die tollsten Solarforschungszentren weltweit, aber die Industrie ist in den letzten Jahren großteils abhandengekommen. Man muss sich fragen: Warum machen wir hier teure Spitzenforschung, wenn hinterher keiner mehr da ist, der das umsetzen kann.
Ab 2016 wird ein Smart Meter für Besitzer von Photovoltaik-Anlagen ab einer bestimmten Größe Pflicht. Damit lassen sich Stromerzeugung, -verbrauch und -speicher besser abstimmen. Ein Schritt in die richtige Richtung?
Da bin ich skeptisch: Ein Smart Meter soll 100 Euro pro Jahr kosten. Aber man hat erstmal überhaupt keine Vorteile. Ein Smart Meter allein kann das Netz nicht stabilisieren. Dass sich die Waschmaschine einschaltet, wenn zu viel Sonnenstrom verfügbar ist, ist theoretisch denkbar. Bis das flächendeckend funktioniert, vergehen aber sicher noch viele Jahre. Außerdem müsste man erst mal variable Stromtarife schaffen, damit es sich für die Leute lohnt, günstigen Strom zu nutzen. Das Ganze ist eine Aktion ohne Sinn und Verstand, die vorerst nur Kosten produziert und den Eigenverbrauch unattraktiver macht. Davon profitieren momentan nur die Smart-Meter-Hersteller und Telekommunikationsunternehmen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Quaschning.
Volker Quaschning ist seit 2004 Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Er habilitierte über technische und wirtschaftliche „Strukturen einer klimaverträglichen Energieversorgung“ und befasst sich in seiner Arbeit mit Eigenverbrauchssystemen aus Solaranlagen und Batteriespeichern. Er hat zahlreiche Artikel zum Thema veröffentlicht und betreibt ein eigenes Webportal zur Energiewende.
Zum Weiterlesen: Studie – Dezentrale Solarstromspeicher für die Energiewende