Dass aus Primärenergie jetzt so hohe Mengen Strom produziert werden können, hat mehrere Ursachen. Die Turbinen ? und da vor allem die Werkstoffe ? werden seit Menschengedenken optimiert. Der Aufwand dafür lohnt sich deshalb, weil die zusätzlichen Investitionskosten für Material und Turbine über die jahrzehntelange Kraftwerkslaufzeit zu deutlich reduzierten Brennstoffkosten führen. ?Über die gesamte Laufzeit gerechnet, gehen zwei Drittel der Kosten eines solchen Kraftwerks auf das Konto des Brennstoffs?, sagt Fischer.
Hauptgrund des jetzt erreichten Wirkungsgradweltrekords ist allerdings die geschickte Kombination einer Gasturbine mit einer Dampfturbine. Diese Form der Stromerzeugung gibt es seit den 1970er-Jahren. Doch noch zu Beginn der 1990er-Jahre lag der Wirkungsgrad lediglich bei rund 50 Prozent. Erst moderne Werkstoff- und Brennkammerforschung machten es möglich, Turbinenschaufeln so auszurüsten, dass sie mit einem auf gut 1.500 Grad Celsius erhitzten Luftgasgemisch betrieben werden können. Das extrem heiße Brenngasgemisch treibt eine Gasturbine, die etwa zwei Drittel der Leistung bringt, mit der der Generator angetrieben wird. Das ausströmende Abgas ist mit 625 Grad Celsius heiß genug, um Wasser zu verdampfen ? das mit 600 Grad und einem Druck von 170 bar in die Dampfturbine eintritt.
Die Kombination einer Gasturbine mit einer Dampfturbine heißt bei Experten GuD-Prozess. Kohlekraftwerke bleiben im Wirkungsgrad hinter erdgasbefeuerten Kraftwerken zurück.
Erdgasbefeuerte Kombikraftwerke haben noch einen zweiten Vorteil. ?Innerhalb einer halben Stunde können wir das Kraftwerk zur Spitzenleistung hochfahren?, sagt Programm-Manager Fischer und weist darauf hin, dass sich eine derart fixe Regelbarkeit hervorragend dafür eignet, Leistungsabfälle beim künftig immer wichtiger werdenden Windenergiestrom zu kompensieren.
Mit dem erfolgreichen Test ist für Siemens der Weg frei, den Verkauf von 60 Prozent-Kombikraftwerken kräftig voranzutreiben. Ab 2012 werden insgesamt sechs dieser Kraftwerke in Florida in Betrieb gehen, ein weiteres 2013 in Südkorea. Nach Aussagen des Herstellers ist in den kommenden Monaten mit weiteren Vertragsabschlüssen zu rechnen. Die Konkurrenten von Siemens ? der französische Hersteller Alstom, Mitsubishi (Japan) und der US-amerikanische Kraftwerksproduzent General Electric ? haben ein vergleichbar leistungsfähiges Gas-und-Dampfkraftwerk noch nicht in Betrieb genommen. Die Wirkungsgrade dieser Hersteller liegen derzeit bei etwa 59 Prozent.