„Das virtuelle Klassenzimmer, die virtuelle Gesellschaft, die sich nur noch in der Welt des Digitalen abspielt, ist eine Horrorvision, die letztlich unsere soziale Gemeinschaft unterminiert und zerstört“, so Sandbothe. Gleichwohl ist der Jenaer Philosoph kein Internet-Gegner. Er sieht das Internet weitaus positiver als das Fernsehen. Das Internet biete nicht nur die rein abbildende Wiedergabe der Wirklichkeit an, sondern beinhalte auch pragmatische Handlungs- und interaktive Kommunikationsoptionen.
Beim Fernsehen dagegen sei uns das Bewusstsein, dass die Bilder und Töne, die in unser Wohnzimmer eindringen, noch etwas mit der tatsächlichen Umwelt zu tun haben, weitgehend verloren gegangen. „Wenn wir im Fernsehen Flutkatastrophen oder Kriegsgräuel sehen, dann betreffen uns diese Bilder heute kaum noch“, so Sandbothe. Das Internet mit seinen Kommunikationsangeboten habe es dagegen zum Beispiel möglich gemacht, dass sich die politische Opposition in China mit Hilfe von demokratischen Internet-Foren organisieren konnte, die allerdings von den Machthabern nach Kräften bekämpft werden.
Allerdings bestehe eine Gefahr in der zunehmenden Kommerzialisierung des World Wide Web. „Damit wird das Internet zum Unterhaltungsmedium, das uns wie das Fernsehen Scheinwelten vorgaukelt und die Flucht aus unseren realen Seinsbezügen leichtmacht.“ Gegensteuern könne man da nur, indem jungen Leuten frühzeitig eine anspruchsvolle Medienkompetenz vermittelt werde.