Gerade mal so groß wie ein Virus ist ein sechseckiger Nanokäfig aus künstlichen Erbgutsträngen. Damit haben amerikanische Wissenschaftler bewiesen, dass sich über die gleichen Mechanismen, die den Aufbau der natürlichen DNA ermöglichen, auch hochsymmetrische Nanokomplexe gezielt herstellen lassen. Dieser wichtige Schritt hin zu einem kontrollierten Bau von Nanopartikeln beschreiben die Forscher im Fachblatt Nature (Vol. 427, S. 618).
Im Unterschied zu früheren Versuchen, winzige Strukturen gezielt über die Bindungen der Basen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin (ATGC) herzustellen, konnten Gerald Joyce und seine Kollegen von der
Scripps University im kalifornischen La Jolla ihre DNA-Oktaeder kopieren. Bei dieser Reaktion, die quasi wie von selbst ohne direktes Eingreifen der Forscher ablief, konnten sich die geraden DNA-Stränge unterstützt durch einen Polymerase-Zusatz wiederholt zu dem sechseckigen Käfig zusammenfalten. Als Voraussetzung veränderte die Arbeitsgruppe um Joyce die Reihenfolge der Basen in den pro Oktaeder insgesamt sechs künstlichen Erbgutsträngen. So wie sich im Kern einer lebenden Zelle die DNA zwangsläufig zu der spiralförmigen Doppelhelix zusammenlagert, führten die Basenpaar-Verknüpfungen hier zu der gewünschten, hochsymmetrischen Nanostruktur.
Mit diesem Experiment erweitern die Wissenschaftler den Werkzeugkasten der Nanotechnologie um eine wesentliche Komponente. Denn nun scheint es im Prinzip möglich, auch andere dreidimensionale, geometrische Strukturen über die Selbstorganisation der Erbgutstränge aufbauen zu lassen. Womöglich auch in größeren Stückzahlen. Gelingt über weitere Andockstellen die Verbindung mit anderen, funktionellen Nanoteilchen, wie zum Beispiel halbleitenden Röhren aus Kohlenstoff, könnte sich DNA zu einem zentralen Werkzeug in der Nanowelt entwickeln.
Jan Oliver Löfken