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Geheimnisse tierischer Schlagkraft gelüftet

Technik|Digitales

Geheimnisse tierischer Schlagkraft gelüftet
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Skurrile Krebse mit zwei Keulen. (Foto: Silke Baron - originally posted to Flickr as Mantis Shrimp (Odontodactylus Scyllarus), CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8321651)
Sie lassen’s buchstäblich krachen: Fangschreckenkrebse zerschmettern Muschelschalen, indem sie zwei keulenartige Waffen mit voller Wucht auf sie eindonnern. Wie die Keulen diese Belastungen aushalten ohne selber Schaden zu nehmen, untersucht ein US-Forscherteam bereits seit einigen Jahren, um sich bei der Entwicklung von Schutzmaterialien inspirieren zu lassen. Nun haben sie einen weiteren Aspekt der kleinen Super-Fäuste aufgedeckt: Sie sind von einer Faserstruktur umwickelt, die verhindert, dass sich die Keulen beim Aufprall zu stark ausdehnen.

Sie wirken fast wie nicht von dieser Welt: Die rund 400 Arten der Fangschreckenkrebse sehen mit ihren glubschigen Stilaugen, schrillen Farben und bizarren Körperformen wie kleine Aliens aus. Die räuberischen Krustentiere leben in den Küstenregionen der Tropen und lassen sich nach ihrer Jagdmethode zwei Kategorien zuordnen: Die sogenannten Speerer spießen ihre eher weichen Beutetiere mit zwei Harpunen auf. Die sogenannten
Schmetterer haben sich hingegen auf gepanzerte Beute spezialisiert: Mit ihrem zu harten Keulen umgebildeten zweiten Beinpaar zertrümmern sie Muschel- und Krebsschalen. Ihre Schläge gehören zu den schnellsten bekannten Bewegungen in der Tierwelt und können erstaunliche Wucht erzeugen. Die schlagfertigen Krebse müssen sogar in Aquarien mit extra dicken Glaswänden untergebracht werden, da normale Scheiben den Fausthieben nicht standhalten.

Neugierige Blicke auf ein hartes Natur-Patent

Bereits seit Jahren beschäftigt sich ein Team um David Kisailus von der University of California in Riverside mit der Erforschung der Bio-Patente, die den kleinen Fäusten der Schmetterer- Fangschreckenkrebse ihre erstaunliche Widerstandsfähigkeit verleihen. Sie wollen ihre Erkenntnisse als Inspiration für die Entwicklung von Verbundmaterialien der nächsten Generation nutzen.

Die Forscher konnten bereits zeigen, dass die skurrilen Tiere ihre Angriffswerkzeuge durch einen raffinierten Kompositaufbau vor Schäden schützen. Es kommen spezielle mineralische Verbindungen in Kombination mit Chitin zum Einsatz – dem Material, das auch den Schalen von Insekten und Krebstieren Festigkeit verleiht. Einzigartige Strukturen und vor allem eine clevere Schichtung geben dem Material zusätzlich Stabilität, zeigten die Analysen.

Raffiniert bandagiert

Das Äußere der Keulen, der sogenannte Impakt-Bereich, besitzt eine harte, rissbeständige Beschichtung, die gewährleistet, dass der Beute die volle Wucht des Schlages verpasst wird. Die neuesten Erkenntnisse der Forscher betreffen nun die Strukturen in der Keule, die für die Schockabsorbtion zuständig sind. Das Innere der Keule weist demnach zwei Bereiche auf: eine Energie absorbierende Struktur, die die Entstehung von Rissen entlang einer Reihe langer spiralförmiger Fasern verhindert, und darüber hinaus einen speziellen gestreiften Bereich. Diese gestreifte Region umfasst eine hoch ausgerichtete Faserstruktur, die die gesamte Keule umgibt. Wie die Forscher erklären, verhindert diese Komponente, dass sich die Keule beim Aufprall ausdehnt. “Wir glauben, dass die Rolle der faserverstärkten gestreiften Region in der Keule der Handbandagierung bei Boxern ähnelt: Dieses Konzept komprimiert den Schlag und verhindert Risse. Die Kombination der verschiedenen Komponenten erzeugt eine Waffe von unglaublicher Stärke, Haltbarkeit und Schlagfestigkeit”, resümiert Kisailus.

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Die Forscher gewannen im Rahmen der aktuellen Studie auch Einblicke darin, wie es die Fangschreckenkrebse schaffen, ihre Keulen bei den Unterwasserangriffen auf die rasanten Geschwindigkeiten von bis zu 23 Metern pro Sekunde zu bringen. Die Keulen besitzen demnach eine perfekt hydrodynamische Tropfenform, die den Wasserwiderstand bei der schnellen Bewegung so klein wie möglich hält. “Interessanterweise integrieren aerodynamische Fahrradhelme und Golfschläger dieses Design bereits”, sagt Kisailus. “Das zeigt, wie die Natur den Menschen beim Erreichen von Hochleistungsstrukturen oft einen Schritt voraus war. Die Natur kann aber nun viele weitere Gestaltungsideen liefern, die uns die Entwicklung von Hochleistungs-Kunststoffen ermöglichen.” resümiert Kisailus. Diesem Fachgebiet wollen sich er und seine Kollegen nun auch weiterhin widmen.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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