Wohlstand unterstützt die Entwicklung von Korruption. Erst wenn das durchschnittliche Einkommen von Bürgern einen bestimmten Wert übersteigt, gibt es die Möglichkeit, dass sich einige wenige mitunter durch Korruption zu so genannten Superreichen entwickeln können. Zu diesem Ergebnis kommen polnische Wissenschaftler, die den Einfluss von politischen Regelungen auf die Wohlstandverteilung der Bürger untersuchten. Ihre Ergebnisse präsentieren sie im Fachblatt „Physical Review E“ (Vol. 65, Art. Nr. 026102).
Diese Voraussetzung für eine „Wohlstandskondensation“ gebe es daher besondern in sozialistischen Systemen, in denen das Gesellschaftsvermögen möglichst gleichverteilt sein sollte. In einem mathematischen Modell, das auf den Soziologen Vilfredo Pareto aus dem 19. Jahrhundert zurückgeht, versuchten Zdzislaw Burda und Kollegen von der
Jagiello Universität in Krakau, liberale Wirtschaftssysteme von sozialistischen zu unterscheiden. Gemäß einer exponentiellen mathematischen Beziehung, nimmt die Anzahl von Bürgern eines Staates mit zunehmenden Wohlstand immer mehr ab. In sozialistischen Systemen, die extremen Reichtum zu unterbinden versuchen, schrumpft diese Anzahl stärker als in liberalen Wirtschaftssystemen.
Doch ab einen bestimmten Durchschnittswert für den Wohlstand kollabiert dieses Verteilungssystem für sozialistische Länder und sehr wenige Mitglieder der Gesellschaft können einen extremen Reichtum anhäufen. Burda und seine Kollegen nennen diesen Effekt den „physikalischen Mechanismus für Korruption“. Die ehemaligen sozialistischen Länder seien damit einem höheren Korruptions-Risiko ausgesetzt als wirtschaftsliberale Staaten, so Burda. Theoretisch erreicht ein liberales Wirtschaftssystem diesen Grenzwert nie und ist damit zumindest im Modell gegen jede Korruption gefeit. Doch auch wenn diese Verteilung in Gesellschaften mit einem unregulierten, freien Markt nicht kollabiert, bieten diese schon innerhalb der Grenzen dieser mathematischen Gleichung die besten Voraussetzungen, dass sich das größte Vermögen in den Händen von wenigen ansammelt.
Jan Oliver Löfken