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Aufgespießt: Mythos Club 27

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Aufgespießt: Mythos Club 27
Seit dem Tod von Amy Winehouse im Juli 2011 ist er wieder im Munde der Medien ? der Club 27. Zum ihm gehören je nach Definition Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison und Kurt Cobain, oder einfach alle erfolgreichen Musiker, die im Alter von 27 Jahren das Zeitliche segneten. Ob das besagte Alter tatsächlich signifikant für das Ableben von Pop, Rock- und Soulgrößten ist, untersuchte nun ein internationales Forscherteam.

?Jetzt ist er von uns gegangen und diesem blöden Club beigetreten. Ich habe ihm gesagt, er soll diesem blöden Club nicht beitreten.? Dieser Ausspruch von Kurt Cobains Mutter nach seinem Tod im Jahr 1994 gilt als ein Auslöser für den Mythos um den Club 27. Zu ihm sollen erfolgreiche Musiker gehören, die im Alter von 27 Jahren gestorben sind. Alleine zwischen dem 3. Juli 1969 und dem 3. Juli 1971 waren es vier: Brian Jones, Gründungsmitglied der Rolling Stones, Gitarrist Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison.

Immer wieder kamen in den Medien Gerüchte auf, die unter mysteriösen Umständen gestorbenen Stars hätten ihren frühen Tod durch ihren Lebensstil bewusst forciert, um so noch berühmter zu werden. Anderen Gerüchten zufolge gibt es gar einen statistischen Zusammenhang.

In einer Veröffentlichung des Weihnachtsausgabe des ?British Medical Journal? nimmt ein Team aus zwei Freiburger und zwei australischen Wissenschaftlern genauer unter die Lupe, ob es sich bei dem Club 27 tatsächlich um eine nachweisbare Größe handelt ? immerhin führt die Internetenzyklopädie Wikipedia 38 Mitglieder auf ?, oder doch nur um einen durch die Medien aufgebauschten Mythos. ?Diese Diskussion schwebte schon lange im Raum. Und da es sich um ein populärwissenschaftliches Beispiel handelt, anhand dessen man statistische Methoden erklären kann, haben wir uns entschlossen, genauer hinzusehen?, erklärt Martin Wolkewitz von der Universität Freiburg. Gemeinsam mit seinen Kollegen legte der Statistiker zunächst fest, welches Design die Studie haben sollte ? sprich, welche Parameter für eine solche Untersuchung wichtig sind, wie diese definiert sind und wie sich die Stichprobe zusammensetzen sollte. ?Wir mussten zum Beispiel erst einmal definieren, was berühmt eigentlich bedeutet?, so der Mathematiker, der sich sonst hauptsächlich mit der Verbreitung von Krankheiten beschäftigt.

Die Überlegungen der Forscher führten zu folgendem Ansatz: Als erfolgreiche Musiker nahmen sie die Nummer eins-Hits der britischen Charts, da diese seit über 50 Jahren den Erfolg einzelner Titel und damit die zugehörigen Künstler festhalten. Von Frank Sinatras? ?Songs for Swingin? Lovers!?, dem ersten Chartstürmer im Jahr 1956 bis zu ?Spirit? von Leona Lewis am 18. November 2007 ermittelten die Forscher sämtliche Sänger und Bandmitglieder, die mindestens einmal die Musik-Statistik anführten. Zu den 1046 Künstlern zählten Vertreter verschiedenster Genres von Death Metal und Rock ?n? Roll bis hin zu Comedy.

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Für jeden der Musiker ermittelten die Wissenschaftler Todes- und Geburtstag sowie den Zeitpunkt ihres Nr.1-Hits als Start für ihr mögliches erhöhtes Sterberisiko. Denn der ausschweifende, von Drogen und Alkohol geprägte Lebenswandel musikalischer Berühmtheiten, gilt tatsächlich als gegeben und nicht unbedingt überlebensfreundlich.

Für den ausgewählten Zeitraum zählte das Team um Martin Wolkewitz 71 Todesfälle, was sieben Prozent entspricht. Trotz einer detaillierten Prüfung ergab die Auswertung nicht überdurchschnittlich viele Ableben während des 27. Lebensjahres. ?Dafür hat uns überrascht, dass es einen Peak bei 32 Jahren gibt?, berichtet Wolkewitz. Insgesamt betrachtet, starben jedoch überdurchschnittliche viele zwischen 20 und 30 Jahren? verglichen mit der Sterberate in ganz Großbritannien.

Eine weitere Überraschung: Während von den 80er und 90er Jahren kaum Todesfälle in der Altersgruppe 30 bis 40 bekannt sind, ließen vor allem in den 70er und frühen 80er Jahren besonders viele Talente ihr Leben. Das könnte sowohl an der verbesserten medizinischen Behandlung von Überdosen als auch an dem Wandel von Rock zur Popmusik und der damit verbundenen, nicht ganz so exzessiven Lebensweise zusammenhängen, mutmaßen die Wissenschaftler.

Abschließend kann also festgehalten werden, dass der Club 27 statistisch nicht nachweisbar ist. Allerdings bezieht sich das lediglich auf die Künstler, die durch einen Nr.1-Hit der britischen Charts in Erscheinung getreten sind. Aus diesem Grund sind drei der frühesten Mitglieder nicht in der Untersuchung erfasst: Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison. Falls sich die Mitglieder des posthumen Zirkels allen Einwänden zum Trotz doch eigenhändig ?zusammentaten?, können das Statistiker freilich nicht ermitteln.

Martin Wolkewitz (Universität Freiburg) et al.: British Medical Journal, doi: 10.1136/bmj.d7799Studiendesign © wissenschaft.de ? Marion Martin
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