Energetisch angeregte Atome können ihre überschüssige Energie über ein benachbartes Atom abgeben. Das hat eine Forschergruppe der Universität von Frankfurt mittels Experimenten an einem Synchrotron herausgefunden. Dieses als „zwischenatomarer Coulomb-Zerfall“ bezeichnete Phänomen wurde schon vor mehreren Jahren vorausgesagt und könnte von großer Bedeutung für die Dynamik von Atomverbänden sein. Die Wissenschaftler beschreiben ihre Ergebnisse im Fachmagazin Physical Review Letters (Band 93 Artikel 163401).
Reinhard Dörner und seine Kollegen führten ihre Studie an dem Bessy-II-Synchrotron in Berlin durch. In dem Experiment wurde ein Neonatom durch das Herauslösen eines tiefliegenden Elektrons energetisch angeregt. Dadurch fiel ein Elektron der äußeren Schale des Atoms auf den nun unbesetzten Platz der tieferen Energieschale.
Die auf diese Weise dem Atom zugeführte überschüssige Energie war allerdings nicht groß genug, um durch eines seiner eigenen Elektronen abgeführt werden zu können. Vielmehr leitete das Atom seine Energie an ein benachbartes Neonatom weiter, das daraufhin sein am schwächsten gebundenes Elektron abgeben und somit die Energie abführen konnte. Die Atome waren dabei etwa 0,34 Nanometer (Millionstel Millimeter) voneinander entfernt.
Dörner glaubt, dass der von ihm beobachtete Elektronenausstoß von großer Bedeutung für das Verständnis chemischer und biologischer Prozesse ist. Insbesondere in Biomolekülen mit zahlreichen Wasserstoffbrückenbindungen könnte der zwischenatomare Coulomb-Zerfall häufig auftreten und zudem eine Quelle niederenergetischer Elektronen darstellen.
Stefan Maier