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Modelluniversum für Kosmologen

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Modelluniversum für Kosmologen
Wenn Physiker etwas über die Natur erfahren wollen, führen sie ein Experiment aus. Kosmologen können das nicht. Sie können das Universum nicht mal eben im Labor entstehen lassen und dann seine Entwicklung beobachten. Uwe Fischer und Petr Fedichev von der Universität Innsbruck haben jetzt gezeigt, dass Kosmologen ein Bose-Einstein-Kondensat als experimentelles Ersatzuniversum dienen kann. Sie stellen ihre Rechnung im Fachmagazin Physical Review Letters (91, 240407) vor.

Insbesondere interessierte Fedichev und den heute in Tübingen forschenden Fischer der so genannte Fulling-Davies-Unruh-Effekt, der in den siebziger Jahren von den drei Physikern, nach denen er benannt ist, vorhergesagt wurde. Er besagt, dass ein beschleunigter Beobachter im Vakuum andere physikalische Teilchen sieht als ein ruhender. Während beispielsweise ein unbewegter Beobachter sieht, dass ein beschleunigtes Proton spontan, also ohne äußere Ursache zerfällt, „sieht“ das Proton selbst eine Armada von Geisterteilchen auf sich zukommen und kollidiert schließlich mit einem von ihnen ? was aus seiner Sicht die Ursache für seinen Zerfall ist.

Theoretisch könnte man diesen Effekt überprüfen, indem man statt eines Protons einen Teilchendetektor beschleunigt. Praktisch scheitert dies an der Tatsache, dass man eine riesige, nicht realisierbare Beschleunigung bräuchte, um den winzigen Effekt nachzuweisen. Konsequenz: Der Fulling-Davies-Unruh-Effekt gilt derzeit als nicht nachweisbar.

Das gleiche gilt für den verwandten Gibbons-Hawking-Effekt. Statt mit einer großen Beschleunigung hat man es hierbei mit einem starken Gravitationsfeld zu tun. Der Effekt sorgt beispielsweise dafür, dass einem Schwarzen Loch Photonen entkommen können.

Die beiden Innsbrucker Physiker ersetzen nun in ihrer Rechnung das Vakuum des Universums, dessen virtuelle Teilchen ? das sind Teilchen, die nur kurzzeitig aufgrund „geborgter“ Energie existieren ? die Ursache für die beiden Effekte sind, durch ein Bose-Einstein-Kondensat. In einem Bose-Einstein-Kondensat verhalten sich die Atome wie ein einziges Superatom, weil ihre quantenmechanischen Wellenfunktionen miteinander verschmelzen. Um diese Verschmelzung zu erreichen, muss man das Kondensat auf eine Temperatur um minus 273 Grad Celsius abkühlen.

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Fischer und Fedichev berechnen nun, dass sich in solch einem Bose-Einstein-Kondensat unter bestimmten Bedingungen akustische Wellen genauso verhalten wie sonst Lichtwellen im Vakuum des Universums. Den Photonen entsprechen im Bose-Einstein-Kondensat Phononen ? das sind die Erregungszustände des akustischen Wellenfeldes.

Die beiden Physiker glauben, dass man mit diesem Modell auch Bedingungen während der Inflationsphase simulieren kann, also während der Phase kurz nach dem Urknall, während der sich das Universum explosionsartig ausdehnte.

Axel Tillemans
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