Zum Verständnis der genetischen Entwicklung des Lebens ist es daher von großer Wichtigkeit, die Dynamik von RNA-Molekülen unter verschiedenen äußeren Bedingungen zu beobachten. Ralf Bundschuh von der Ohio State Universität hat dazu mit Kollegen von der Universität von Kalifornien in San Diego das Temperaturverhalten von RNA-Molekülen mittels Computersimulationen analysiert. Dabei fanden die Forscher heraus, dass RNA wie Wasser in verschiedenen Temperaturbereichen unterschiedliche Phasen annimmt. Die Moleküle verhalten sich etwa bei tiefen Temperaturen wie ein Glas, bei höheren Temperaturen eher wie eine Schmelze.
Die temperaturabhängigen mechanischen Eigenschaften der RNA haben wiederum große Auswirkungen auf deren dreidimensionale Raumstruktur ? sie schränken die Faltungsmöglichkeiten des Moleküls ein. Der an den NEC-Laboratorien beschäftigte Wissenschaftler Ranjan Mukhopadhyay stellte auf demselben Symposium seine eigenen Computersimulationen über die Faltung von RNA vor. Interessanterweise ergaben diese, dass die möglichen räumlichen Strukturen eines RNA-Moleküls genau dann am stabilsten sind, wenn dieses aus einer Abfolge von genau vier unterschiedlichen Basen besteht. Dies erklärt, wieso sich RNA-Moleküle mit vier Basen im Laufe der Evolution gegenüber Varianten mit mehr oder weniger Basen durchsetzen konnten.
Erik Schultes von den Whitehead-Laboratorien am Massachusetts Institute of Technology wiederum gab in seinem Vortrag einen Überblick über experimentell durch den Austausch einzelner Basen hergestellte RNA-Mutationen. Seine Ergebnisse lassen vermuten, dass eine Vielzahl verschiedener RNA-Moleküle mit unterschiedlichen Funktionen auf einen einzigen Vorgänger zurückgehen könnten.