Die Richtung von Strahlen hochenergetischer Elementarteilchen lässt sich beim Durchgang durch ein Plasma in kontrollierter Weise ändern. Dies könnte die Konstruktion von Linsen für Materiestrahlen ermöglichen, berichtet ein kalifornisches Wissenschaftlerteam in der Fachzeitschrift Nature.
Die Wissenschaftler aus Los Angeles und Stanford schossen einen hochenergetischen Elektronenstrahl durch ein Plasma und stellten dabei zu ihrer Verblüffung eine Ablenkung des Elektronenstrahles fest. Eine weitere Analyse ergab, dass der Elektronenstrahl beim Übergang vom Vakuum in das Plasma zum Teil reflektiert und zum Teil gebrochen wurde. Dies ist analog zur Reflektion und Brechung von Lichtstrahlen beim Übergang zwischen zwei Medien und war bisher nur aus der Optik bekannt. Die neue Entdeckung könnte die Konstruktion von Teilchenbeschleunigern wesentlich vereinfachen und viele weitere, noch nicht abzusehende Möglichkeiten in sich bergen.
Als Plasma bezeichnet man ein Gas, das so stark erhitzt worden ist, dass es aus ionisierten, positiv geladenen Atomen und freien Elektronen besteht. Plasmen bilden damit den vierten Aggregatzustand von Materie (neben fest, flüssig und gasförmig) und kommen auf der Erde nur für extrem kurze Zeiten vor. In der Sonne allerdings befindet sich Materie üblicherweise in diesem Zustand. Die Entdeckung, dass ein Plasma Elektronenstrahlen in kontrollierbarer Weise ablenkt, wurde von dem Wissenschaftlerteam aufgrund der geringen Dichte von typischen Laborplasmen in keiner Weise erwartet. Elementarteilchenstrahlen ließen sich bisher nur mit Hilfe von sehr großen, aufwändigen Magneten ablenken. Die neue Entdeckung wird Theoretiker und Experimentalforscher für einige Zeit beschäftigen.
Stefan Maier