Noch bevor Hitze einwirkt, kann die Oberfläche eines Kristalls ? allein durch die elektromagnetische Energie eines extrem schnell gepulsten Lasers ? zum Schmelzen gebracht werden. Diese überraschende Entdeckung machten die beiden Physiker Eckhart Förster und Ingo Uschmann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Bisher wusste man nicht eindeutig, dass es so etwas wie eine solche nicht-thermische, also nicht durch Temperaturerhöhung verursachte Schmelze überhaupt gibt, sagte Förster. Er und sein Team arbeiten bereits seit 15 Jahren mit Lasern. Bei dem Experiment mit dem Kristall handelte es sich um einen Laser mit einer Pulsdauer von 100 bis 200 Femtosekunden ? das ist kürzer als der billionste Teil einer Sekunde. Dass ein so kurzer Impuls bereits ausreicht, die Atome einer Kristalloberfläche in Bewegung zu setzten, also das Material zu Schmelzen, überraschte sogar die Experten. Hitze entwickelt sich erst nach zehn Picosekunden (Billionstelsekunden).
Um die Bewegung der Atome sehen zu können, die sich der Beobachtung mit dem normalen Auge entziehen, wandelten die Forscher einen Teil des Laserstrahls in Röntgenstrahlung um: “Mit Hilfe der Röntgenstrahlen können wir die Bewegung der Atome sichtbar machen, während mit normalem Licht nur die Darstellung optischer Veränderungen möglich ist”, beschreibt Ingo Uschmann das Verfahren. Für den Versuchsaufbau mussten die Forscher einen Röntgenspiegel in präziser und mühevoller Handarbeit aus einem Quarzkristall herstellen, der den Anforderungen des Experimentes gerecht wurde.
Auch für andere Forschungsgebiete in der Chemie, der Physik und auch der Strukturbiologie sind die neuen Erkenntnisse interessant. “Mit derartig kurz gepulsten Laser- und Röntgenstrahlen kann man quasi in Zeitlupe ultraschnelle Prozesse in der Natur beobachten”, so Förster. Eine technische Anwendung sei zwar noch nicht unmittelbar absehbar, aber etwa in der Halbleitertechnik denkbar.
Jutta Perkert