Bereits Albert Einstein postulierte in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie, dass massereiche kosmische Objekte die Raumzeit in Schwingung versetzen können. Kollidieren beispielsweise zwei Neutronensterne oder Schwarze Löcher, oder explodiert ein massereicher Stern, wird dabei Energie in Form von Schwerkraftwellen frei – so die Theorie. Aber selbst Einstein zweifelte daran, dass sich diese Erschütterungen der Raumzeit jemals würden nachweisen lassen. Denn so energiereich und weitreichend die Gravitationswellen sind, so gering ist ihre Amplitude. Diese winzigen Schwingungen der Raumzeit zu messen, entspricht dem Versuch, den Durchmesser eines zehn Lichtjahre entfernten Sterns auf Haaresbreite genau zu messen. Lange waren sich Physiker nicht einmal sicher, ob Gravitationswellen tatsächlich existieren. Das änderte sich erst in den 1970er Jahren, als Astronomen beim Todestanz zweier sich eng umkreisender Sterne einen verräterischen Energieverlust beobachteten. Dieser entsprach genau der Energie, die laut Einstein über Gravitationswellen freiwerden müsste.
Laserfallen für die kosmischen Wellen
Offen blieb aber, ob diese Erschütterungen der Raumzeit auch direkt nachweisbar sein könnten. Doch zwei US-Physiker hielten dies schon in den 1970er Jahren für möglich: Kip Thorne vom California Institute of Technology und Rainer Weiss vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die beiden jetzt mit dem Nobelpreis geehrten Forscher kamen auf die Idee, ein riesiges Laser-Interferometer zu nutzen, um die Gravitationswellen zu detektieren.
Das Prinzip dahinter: Ein geteilter Laserstrahl wird durch zwei senkrecht zueinander stehende, mehrere Kilometer lange Messstrecken geschickt und reflektiert. Normalerweise löschen sich die Phasen der Laserstrahlen dabei im Detektor gegenseitig aus. Trifft jedoch eine Gravitationswelle die Erde, verändern sich Längen der Messstrecken. Als Folge verschiebt sich die Phase der beiden Laserstrahlen gegeneinander und der Detektor empfängt ein Signal. Unter Barry Barish als Leiter der LIGO-Kollaboration entstanden aus dieser Idee nach Jahrzehnten der Entwicklungsarbeit schließlich die beiden LIGO- Gravitationswellen-Detektoren in den USA. Auch er erhält als einer der drei Gründerväter von LIGO daher nun den Nobelpreis.
Der Nachweis
Am 14. September 2015 dann wurde dieser Aufwand belohnt: Die beiden 3.000 Kilometer voneinander entfernten LIGO-Detektoren detektierten zum ersten Mal das das typische Signal einer Gravitationswelle: zehn bis zwölf Schwingungen, deren Amplitude erst zunahm, dann abrupt abfiel. Dies entsprach exakt dem, was Einstein für die Gravitationswellen bei der Verschmelzung von zwei Schwarzen Löchern prognostiziert hatte. Die nur eine halbe Sekunde dauernden Erschütterungen der Raumzeit bewiesen damit endgültig, dass Einstein mit seiner Vorstellung der Schwerkraft als einer Eigenschaft der Raumzeit richtig lag. Inzwischen haben vier weitere Gravitationswellen-Ereignisse bewiesen, dass diese neue Ära der Astronomie tatsächlich schon begonnen hat. Erst vor wenigen Tagen registrierte neben den beiden LIGO-Detektoren erstmals auch der Virgo-Detektor in Italien die Erschütterungen der Raumzeit durch verschmelzende Schwarze Löcher.
Mit der Fähigkeit, Gravitationswellen zu detektieren, beginnt für die Astronomie eine ganz neue Ära. Denn über die Gravitationswellen lassen sich nun auch die Ereignisse und Vorgänge belauschen und beobachteten, die keine elektromagnetische Strahlung aussenden und daher für uns unsichtbar sind – wie beispielsweise verschmelzende Schwarze Löcher. „Mit dieser Entdeckung begeben wir Menschen uns auf ein wundervolles neues Abenteuer: Die Erforschung der verbeulten Seite des Universums – Objekte und Phänomene, die auf verzerrter, schwingender Raumzeit beruhen“, erklärte LIGO-Mitgründer Kip Thorne Anfang 2016. „Kollidierende Schwarze Löcher und Gravitationswellen sind dafür nur die ersten Beispiele.“
In der Nobelpreis-Begründung heißt es: „Dies ist etwas völlig Neues und Anderes, es eröffnet uns ungesehene Welten. Eine Fülle an Entdeckungen erwartet diejenigen, denen es gelingt, diese Wellen einzufangen und ihre Botschaften zu entziffern.“