Um das Higgs-Teilchen nachzuweisen, lassen die Physiker im LHC immer wieder Protonen mitverschiedener Energie aufeinanderprallen. Durch die Wucht des Aufpralls werden gemäß der Einstein?schen Formel E = mc2 neue Teilchen erzeugt, die die Forscher mit ihren riesigen Detektoren nachweisen. Das gesuchte Higgs-Teilchen können sie nicht direkt entdecken, weil es vermutlich sehr schnell wieder zerfällt. Also versuchen sie, aus der Menge von Zerfallsprodukten bei einer bestimmten Energie auf die Masse des Higgs zu schließen. Sie können das Teilchen daher nur statistisch nachweisen, als ungewöhnliche Häufung von Zerfallsprodukten bei einer bestimmten Energie.
Bereits im Sommer 2011 gab es Gerüchte, das Higgs sei gefunden worden. Doch die Hinweise bestätigten sich damals nicht. ?Wir haben den Energiebereich des Higgs-Teilchens jetzt auf 116 bis 130 Gigaelektronenvolt eingegrenzt?, sagt Fabiola Gianotti. ?In den letzten Wochen haben wir außerdem einen verblüffenden Überschuss an Ereignissen bei einer Energie von 125 Gigaelektronenvolt beobachtet.? Nach derzeitigem Stand der Untersuchungen könnte es sich auch um ein zufälliges Resultat handeln. ?Es könnte aber auch etwas interessanteres sein?, sagt Gianotti. ?Wir brauchen mehr Untersuchungen und mehr Daten.?
Was den Forschern Hoffnung macht: Die Häufung bei 125 Gigaelektronenvolt tauchte unabhängig voneinander in mehreren Experimenten am LHC auf. Wenn sie das Higgs-Teilchen gefunden haben, wollen die Forscher seine Eigenschaften genauer untersuchen ? zum Beispiel, um herauszufinden, woraus die rätselhafte dunkle Materie besteht, die 80 Prozent der Masse im Weltall ausmacht. Sollte das Higgs-Teilchen jedoch auch im verbleibenden Energiebereich nicht auftauchen, ist die Zeit reif für eine neue Physik. Das Standardmodell, das die Welt der Elementarteilchen bislang hervorragend erklären konnte, müsste dann erweitert oder vielleicht sogar völlig revolutioniert werden. Erst einmal wird der LHC allerdings bis Februar für den Winter geschlossen.