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Tier-Tracking per visuellem Fingerabdruck

Technik|Digitales

Tier-Tracking per visuellem Fingerabdruck
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Zebrafische, verfolgt vom idTracker. (Alfonso Pérez-Escudero)
Sie wuseln durcheinander, laufen vor und hintereinander vorbei, verändern ständig ihre Position: In einer Tierherde den Überblick zu behalten, ist schwer. Das schützt die Tiere gegen Räuber, erschwert aber leider auch beobachtenden Biologen ihre Arbeit. Denn oft wollen sie gezielt bestimmte Tiere verfolgen. Abhilfe schafft nun ein neues Programm, das französische und spanische Forscher entwickelt haben. Der „idTracker“ nutzt raffinierte Algorithmen, um in einer Videoaufnahme einer Tiergruppe die individuellen Merkmale jedes Tieres herauszufinden. Diese wandelt er dann in einen biometrischen Fingerabdruck um, der es erlaubt, selbst im größten Durcheinander die Bewegung jedes Einzeltiers zu verfolgen. Das klappt erstaunlich gut – und ist dem menschlichen Auge um Längen überlegen.

Egal ob Fische, Vögel oder Säugetiere: Die Bewegungen von Tieren in einer Gruppe sagt viel über ihr Sozialverhalten, ihren Status und die innere Organisation ihrer Gemeinschaft aus. Für Verhaltensbiologen ist daher das Verfolgen dieser Bewegungen und Interaktionen ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit. Meist setzen sie dafür Videotrackingsysteme ein: Spezielle Software wertet dabei Filmaufnahmen der entsprechenden Herde oder des Schwarms aus. Das klappt halbwegs gut, solange es sich um markierte Tiere handelt. „Wenn die Tiere aber nicht markiert sind, hat sich das Verfolgen einzelner als Problem herausgestellt“, erklären Alfonso Pérez-Escudero vom Instituto Cajal in Madrid und seine Kollegen. Denn wenn sich der Weg beispielsweise zweier Gnus oder Fische kreuzt, dann verlieren diese Systeme oft den Faden. Das belegt auch ein Experiment der Forscher: Ließen sie eine gängige Tracking-Software acht Zebrafische in einem Aquarium verfolgen, ordnete es nach zwei Minuten nur noch elf Prozent der Tiere korrekt zu.

Um hier Abhilfe zu schaffen, entwickelten die Forscher ein eigenes, fortgeschrittenes Trackingsystem. „Das Kernstück des idTrackers besteht darin, dass er automatisch für jedes Tier einen Fingerabdruck erstellt, anhand dessen er dieses Tier im gesamten Video identifizieren kann“, erklären die Wissenschaftler. Im ersten Schritt extrahiert das Programm dafür aus den Videosequenzen so viele Stillbilder für jedes Einzeltier wie möglich. Aus diesen ermittelte es charakteristische Merkmale – darunter Helligkeitswerte, Form, und Größe – und wandelt diese in ein dreidimensionales Rasterbild um. Dieses 3D-Modell dient dann als Grundlage, um daraus verschiedene 2D-Ansichten zu generieren. „Diese Karten geben uns einen charakteristischen Fingerabdruck für jedes Tier“, sagen Pérez-Escudero und seine Kollegen. Diesen Fingerabdruck nutzt der Tracker dann als Referenz, um das Tier im Video zu identifizieren und zu verfolgen.

Keine Probleme bei Fischen, Fliegen, Mäusen

Um die Leistung des idTrackers zu testen, setzten sie das Programm auf 23 Gruppenvideos von fünf verschiedenen Tierarten an. Vertreten waren Zebrafische, japanische Reisfische, Fruchtfliegen, Ameisen und Mäuse, die jeweils ungeordnet durcheinander schwammen oder liefen. Das Ergebnis war beeindruckend: Trotz Gewimmel zeichnete der Tracker die Bewegungen der Einzeltiere zu 99,7 Prozent korrekt nach, wie die Forscher berichten. Selbst wenn einzelne Tiere zeitweilig völlig aus dem Blickfeld der Kamera verschwanden, beispielsweise hinter einem Stein oder einer Pflanze, ließ sich der Tracker nicht verwirren. „Mit diesen Fähigkeiten übertrifft unser Tracker nicht nur gängige Systeme, er ist auch menschlichen Beobachtern überlegen“, konstatieren die Wissenschaftler. Denn wir können zwar einige auffällige Kennzeichen – einen Fellfleck, eine verkrümmte Flosse – gut im Blick behalten, bei subtileren Merkmalen aber versagt unser Gehirn.

Und noch weitere Vorteile hat der idTracker, wie die Forscher betonen: Er läuft auf einem normalen Rechner, kann bis zu 35 Tiere auf einmal verfolgen und benötigt kein spezielles Videomaterial. Weil Farbinformationen bisher nicht ausgewertet werden, reichen sogar Schwarzweiß-Aufnahmen. Und: Die Software kann frei aus dem Internet heruntergeladen werden. Die Forscher stellen sie ausdrücklich kostenlos zur nichtkommerziellen Nutzung zur Verfügung.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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