Wissenschaftler haben ein Nano-Messgerät konstruiert, das ihnen Einblick in lebende Zellen gewährt. Ohne die Zelle zu beschädigen, können sie so Abläufe im Zellinneren erforschen. Moderne Nanotechnologie macht dieses Verfahren möglich: Die winzigen Messinstrumente sind an der Spitze eines v-förmigen Siliziumdrahtes angebracht, die zusätzlich mit einer Schicht aus Bestandteilen der Zellhülle überzogen ist, um die untersuchte Zelle zu schützen. Auf diese Weise konnten die Forscher bereits Vorgänge in einer schlagenden Herzzelle analysieren.
Die Chemiker und Ingenieure integrierten einen sogenannten Nano-FET (nanoscale field-effect transistor) in einen Siliziumdraht. Nano-FETs sind kleiner als viele Viren und messen nur ein Hundertstel der Größe bisher verwendeter Messgeräte. Außerdem haben die Forscher das Mini-Instrument mit einer Phospholipid-Doppelschicht umhüllt, eine Struktur, die jede Zelle in Form ihrer Zellmembran besitzt. Tritt nun das ummantelte Gerät auf die Zellmembran, verschmelzen die beiden Komponenten. ?Der Nano-FET vereinigt sich über die zelleigenen Mechanismen mit der Zellmembran. Das schließt die Notwendigkeit aus, das Messgerät in die Zelle zu stoßen?, erklärt Lieber. Das und die geringe Größe stellen sicher, dass die Zelle beim Einschleusen nicht beschädigt wird. Die Messgenauigkeit sowie die Zuverlässigkeit der Befunde seien somit besser als bei bisherigen Apparaten, sagen die Forscher.
Bisher beschränkte sich das Design von nanoelektronischen Geräten auf eine flache Form. Die Forscher um Lieber änderten das: Das spitzgewinkelte Nano-Siliziumkabel in V-Form hat eine flexible, dreidimensionale Struktur. An der Spitze des Vs befindet sich der Messsensor, der elektrische Signale erkennt. Die beiden ?Arme? des Vs werden mit Kabeln verbunden, die an einen PC angeschlossen werden können, um die elektrischen Impulse lebender Zellen aufzuzeichnen.
Erste Einsätze lieferten bereits vielversprechende Ergebnisse: Bei kultivierten Hühner-Herzzellen konnten die Forscher das Schlagen der Zelle erfassen. Sie hoffen nun, dass die Nano-FETs sich zur Messung von Ionen-Strömungen oder elektrischen Signalen in Zellen wie Neuronen eignen. Auch halten die Forscher es für möglich, mit dem Messinstrument sogar eines Tages die Produktion von Nukleinsäuren ? den Bausteinen des Erbguts ? beobachten zu können.
Charles Lieber (Harvard University, Cambridge) et al.: Science, Bd.329, S. 830 ddp/wissenschaft.de ? Theresa Klüber