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Alma mater im Cyperspace

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Alma mater im Cyperspace
Die virtuelle Hochschule soll Lehren und Studieren effektiver machen. Doch die Realität sieht – zumindest in Deutschland – anders aus.

Die ersten Teleteaching-Pilot-Projekte an deutschen Hochschulen gingen 1996 ans Netz. Inzwischen befassen sich etwa zwei Dutzend Vorhaben mit Fernunterricht per Computer. Multimedia- und Netzwerk-Technologien kommen dabei in ganz unterschiedlichen Kombinationen zum Einsatz: als World-Wide-Web-Anwendungen mit E-Mail und mit Gesprächsforen oder als Video-Übertragung in eigens für diesen Zweck eingerichteten Hochgeschwindigkeitsnetzen.

Bis jetzt sei keines dieser Projekte über die Anfänge hinausgekommen, meint der Paderborner Informatiker Reinhard Keil-Slawik, der sich für die Bertelsmann-Stiftung und das Europäische Parlament eine Übersicht verschafft hat. Keines der Teleteaching-Angebote habe zeigen können, daß ein solcher Aufwand alltagspraktisch umsetzbar sei, bemängelt Keil-Slawik.

International führend bei der Entwicklung von Teleteaching sind die USA und Kanada – Länder, in denen es große Entfernungen zu überwinden gibt. Der Mannheimer Informatiker Wolfgang Effelsberg war im Sommersemester 1996 in Deutschland der erste, der seine Vorlesung regelmäßig nach Heidelberg übertrug. Video, Ton und elektronisches Tafelbild – das soge-nannte Whiteboard – sind in guter Qualität zu empfangen, wenn auch mit kurzen Aussetzern. Von diesem Sommer an soll die minimale Übertragungskapazität von 34 Megabit pro Sekunde auf 155 Megabit pro Sekunde hochgeschraubt werden.

Trotz immer besserer Technik betrachten die Nutzer die Teleteaching-Euphorie mit Skepsis. In Heidelberg blieben von 22 Zuhörern am Semesterende noch 5 übrig. Ein Grund: Der Stoff hatte keine Prüfungsrelevanz. Fehlschläge beim Teleteaching haben also nicht immer mit technischen Problemen zu tun, sie liegen oft im organisatorischen Bereich. Ein Beispiel ist auch die Tele-Vorlesung des Heidelberger Physik-Theoretikers Dieter Heermann im Wintersemester, die nicht im Mannheimer Verlesungsverzeichnis vermerkt war.

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Keil-Slawik bezweifelt, daß sich der Aufwand überhaupt lohnt, denn das ganze Lehrmaterial müsse aufwendig digitalisiert werden. 200 Stunden Arbeit für eine multimediale Lernstunde mit Animationen seien keine Ausnahme. Bisher zeichne sich auch nicht ab, daß diese Medien von wirklich vielen genutzt würden.

Wo die Universitäten gut ausgebaut sind, wird das Teleteaching sich wohl kaum in großem Stil durchsetzen, meint Reinhard Keil-Slawik skeptisch. Teleteaching habe nur dort eine reelle Chance, wo es eine „Frage des Überlebens“ sei. So wird die Fernuniversität Hagen derzeit mit viel Geld und im Verbund mit anderen europäischen Einrichtungen dieser Art ausgebaut.

Im Heinz-Nixdorf-Institut in Paderborn, aber auch im Deutschen Institut für Fernstudien-Forschung (DIFF) in Tübingen, setzt man eher darauf, Multimedia und Netzwerk-Technologie in den herkömmlichen Unterricht zu integrieren. Die Studenten holen sich dann ihren Stoff aus dem Internet.

„Wir müssen die Spielereien beenden“, fordert der Siemens-Beauftragte für Bildung und neue Medien, der Münchner TU-Professor Egon Hörbst. Statt neue „Strippen zu legen“, sollten die Politiker erst einmal entscheiden: Wie sieht die Zukunft der Universitäten aus? Wer lernt was im Grundstudium, wann lernt er es und von wem? „Ich sehe nicht ein, warum eine Vorlesung, bei der es meist keine Interaktion gibt, übers Netz gehen soll – da ist eine CD-ROM viel billiger.“

Wolfgang Preßl

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