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Als der Weltraum wärmer war

Allgemein

Als der Weltraum wärmer war
Wie heiß es in den entferntesten Regionen des Alls istt, entscheidet darüber, ob die Urknall-Theorie stimmt oder ein neues Modell gesucht werden muß.

Manche Thermometer lassen sich einfach nicht an die Wand hängen – denn dazu wäre eine Wand erforderlich weit größer als das Sonnensystem. Doch bekanntlich denken Astronomen in anderen Maßstäben als Durchschnittsbürger. Und sie geben sich auch nicht mit kleinen Quecksilbersäulen zur Temperaturmessung zufrieden. Es müssen schon intergalaktische Gaswolken sein – und damit messen sie die Temperatur des ganzen Universums. Eine solche Gaswolke haben Raghunathan Srianand vom Inter University Center for Astronomy and Astrophysics in Puna, Indien, und seine französischen Kollegen Patrick Petitjean und Cedric Ledoux mit dem neuen 8,2-Meter-Teleskop Kueyen der Europäischen Südsternwarte auf dem Cerro Paranal in Chile ins Visier genommen. Sie liegt genau auf der Sichtlinie zwischen uns und dem Quasar PKS1232+0815. Die Wolke ist gut zehn Milliarden Lichtjahre entfernt – ihre Strahlung stammt also aus einer Zeit, als das Universum nur etwa drei Milliarden Jahre alt war. (Das Weltalter heute beträgt rund 13,5 Milliarden Jahre.)

In dieser Wolke befinden sich Kohlenstoff-Atome und Wasserstoff-Moleküle. Ihre Absorptionslinien im Hintergrundlicht des Quasars können als Temperaturanzeiger genutzt werden. Bestimmte Anregungszustände der Kohlenstoff-Atome lassen darauf schließen, daß der Weltraum vor zehn Milliarden Jahren zwischen 6 und 14 Kelvin kalt war (0 Kelvin entspricht minus 273,15 Grad Celsius). Dieser Wert ist dreimal so hoch wie der heutige – 2,73 Grad über dem absoluten Nullpunkt – und eine glänzende Bestätigung der Urknall-Theorie, die eine Temperatur von 9,1 Kelvin in der Entfernung der intergalaktischen Wolke voraussagt. Die Temperatur des Weltraums ist definiert als die Temperatur der Kosmischen Hintergrundstrahlung. Dieses 1964 von Arno Penzias und Robert Wilson entdeckte Relikt des Feuerballstadiums am Beginn des Universums füllt das All noch heute aus. Sie muß früher wärmer gewesen sein und hat sich mit der Ausdehnung des Weltraums ständig abgekühlt.

Seit 1994 ist es mehreren Forscherteams gelungen, mit Hilfe von Spektraluntersuchungen intergalaktischer Wolken die Temperatur der Kosmischen Hintergrundstrahlung zu verschiedenen Zeiten des Universums zu bestimmen. Die Messungen paßten zwar zu den Voraussagen, konnten aber nicht ausschließen, daß die Temperatur der Hintergrundstrahlung über alle Zeiten konstant war. Dies hätte einem Urknall widersprochen. Erst der neue Meßwert von Srianand und seinen Kollegen räumt diese Möglichkeit aus. „Die Urknall-Theorie hat einen entscheidenden Test bestanden. Sie hätte aufgegeben werden müssen, wenn Astronomen niedrigere Temperaturen in der Frühzeit des Universums gemessen hätten als vorhergesagt“, kommentiert John Bahcall vom Institute for Advanced Study in Princeton, New Jersey. „Obwohl das Ergebnis eine großartige Leistung ist, hat es mich etwas enttäuscht. Ich bin froh, daß die Urknall-Theorie bestätigt wurde, aber es wäre noch aufregender gewesen, wenn sie versagt hätte und wir nach einem neuen Modell für die Entwicklung des Alls suchen müßten.“

Kompakt Die Rotverschiebung z ist die Vergrößerung der Wellenlänge elektromagnetischer Strahlung zum energiearmen, „ roten“ Bereich des Spektrums. In der Kosmologie ist sie ein indirektes Entfernungsmaß, das auf der Ausdehnung des Weltraums seit dem Urknall beruht. Die Temperatur der Kosmischen Hintergrundstrahlung T wächst linear mit der Rotverschiebung z: T (z) = T(0) · (1+z). Ihr lokaler Wert wurde sehr akkurat mit dem COBE-Satelliten (Cosmic Background Explorer) gemessen: T(0) = 2,726 ± 0,010 Kelvin. Bei einer Rotverschiebung von z = 2,3371 sagt die Urknall-Theorie eine Temperatur von 9,1 Kelvin voraus – was ausgezeichnet mit den neuen Messungen übereinstimmt.

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