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Alte Königinnen

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Alte Königinnen
Ergebnisse von Insektenforschern bestätigen: Das Altern eines Lebewesens ist der Preis für frühere Geschlechtsreife.

Für Experten ist das Altern nach wie vor ein ungelöstes Rätsel: „Wenn der Organismus in jungen Jahren gut funktioniert, warum kann er das nicht auch im hohen Alter?“, fragten sich die eidgenössischen Zoologen Michel Genoud und Laurent Keller von der Universität Lausanne. Zwei Erklärungen für die Ursache des Alterns werden im Moment heftig diskutiert:

l Nach der physiologischen Hypothese wird das Erbgut in den Zellen, Geweben und Organen mit der Zeit immer mehr geschädigt – als Folge verlangsamt sich der Stoffwechsel. l Evolutionsbiologen dagegen fragen sich, warum der universelle Prozeß des Verfalls nicht längst von der natürlichen Auslese beseitigt worden ist. Ihre Vermutung: Altern hat sich als unerwünschter Nebeneffekt für frühzeitigeres Fortpflanzungsvermögen entwikkelt. Demnach sollten Tiere mit einem hohen Risiko, durch Räuber oder Unfälle zu sterben, möglichst früh geschlechtsreif werden. Der Preis dafür: Sie altern schneller.

Insekten bieten eine Gelegenheit, beide Hypothesen zu überprüfen: Königinnen von staatenbildenden Termiten, Bienen und Ameisen leben wie in einer Trutzburg, umhegt von ihren Untertanen. Normalerweise ster-ben sie nicht durch Fremdeinwirkung. Anders dagegen Exemplare allein lebender Insektenarten, die ohne Protektion und Privilegien der feindlichen Welt ausgesetzt sind. Stimmt die Evolutionshypothese, so folgern Keller und Genoud, dann müßten Königinnen eine weit höhere Lebenserwartung haben als „Singles“.

Die Schweizer Zoologen werteten Daten von über 148 Insektenarten aus und stellten fest: Eine Termitenkönigin wird im Durchschnitt elfeinhalb und eine Bienenkönigin rund sechs Jahre alt. Insektenarten, die einzeln leben – beispielsweise Fliegen, Mücken und Käfer – haben dagegen eine durchschnittliche Lebenserwartung von nur rund fünf Wochen. Dieser krasse Unterschied sei physiologisch nicht zu erklären, meinen die Schweizer Zoologen. Im Gegenteil: Betrachte man die Stoffwechselleistung, dann müßten Königinnen ganz früh sterben. Sie legen nämlich jeden Tag Hunderte oder gar Tausende von Eiern – und produzieren damit mehr als ihrem eigenen Körpergewicht entspricht.

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Auch der Vergleich verschiedener Ameisenarten mit unterschiedlichen Fortpflanzungsstrategien – mit einer oder mehreren Königinnen – spricht nach Überzeugung des Schweizer Forscherduos für die Evolutionshypothese. Arten mit mehreren Königinnen haben weniger gut gesicherte Nester und wechseln außerdem häufiger die Nistplätze als Arten mit nur einer Herrscherin. Sie tragen daher auch ein größeres Risiko, durch äußere Umstände zu sterben. Ihre Lebenserwartung sollte demnach geringer sein als die der Alleinherrscherinnen, so die Vorhersage der Evolutionshypothese.

Und tatsächlich: Die Einzelköniginnen von 37 Ameisenarten leben im Durchschnitt über zwölf Jahre; die Königinnen mit geteilter Regentschaft und häufigeren Umzügen werden nur zwei Jahre alt.

Monika Rößiger

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