Was werden Naturwissenschaftler tun, wenn alles, was es zu entdecken gibt, entdeckt ist? Die meisten Forscher würden darauf hinweisen, daß die Suche nach Erkenntnis nie beendet ist. John Horgan ist anderer Meinung. Der Redakteur der Wissenschaftszeitschrift “Scientific American” vertritt die Ansicht, die Naturwissenschaftler stießen schon heute gegen die Grenzen des Wissens. Damit meint er die Sehnsucht des Menschen, “das Weltall und seinen eigenen Platz darin zu verstehen”.
In der Tat mühen sich etwa Kosmologen, Elementarteilchenphysiker und Evolutionsbiologen mit Theorien ab, deren Wahrheitsgehalt vielleicht nie überprüfbar sein wird. Aber noch ist völlig offen, ob die Forscher an endgültige Grenzen gestoßen sind oder vor großen Durchbrüchen stehen. John Horgans These vom Ende der Wissenschaft ist deshalb im Moment nicht verifizierbar.
Ursprünglich wollte Horgan eine Portraitreihe der “faszinierendsten Wahrheitssucher, die mir zu interviewen vergönnt war”, schreiben. Die Leser sollten nach der Lektüre selbst entscheiden, welche Position sie für die plausibelste hielten. “Doch allmählich begann ich mir einzubilden, daß ich es wußte…” Horgan sagt, er habe in seinem Buch “jeden Anschein journalistischer Objektivität” aufgegeben, um statt dessen einseitig, polemisch und persönlich zu sein.
Leider vermag es Horgans Polemik nicht, die mehr als 400 Seiten spannend auszufüllen. Was das Buch dennoch lesenswert macht, sind die Schilderungen der Begegnungen mit den wichtigsten Wissenschaftlern unserer Zeit.
John Horgan AN DEN GRENZEN DES WISSENS Siegeszug und Dilemma der Naturwissenschaften Luchterhand München 1997 462 S., DM 48,-
Frank Fleschner