Mit einem geübten Schnitt öffnet die Tochter den Leib ihrer toten Mutter. Das Messer aus gespaltenem Bambusrohr zerschneidet Muskeln und Eingeweide. Die junge Frau wickelt das Fleisch mit Ingwer und Gemüse in Bananenblätter, um es für das gemeinsame Mahl zu dämpfen. So beschreibt Richard Rhodes den Auftakt einer traditionellen Begräbnisfeier bei den Fore, einem Volk in Neu-Guinea.
Für viele Teilnehmer endet der Leichenschmaus tödlich: Nach einigen Jahren versagt ihr Gehirn, sie verlieren die Kontrolle über ihren Körper und werden zu „lachenden Toten“. Kuru nennen die Kannibalen diese Krankheit.
Inzwischen fanden Wissenschaftler Ähnlichkeiten mit anderen Nervenerkrankungen: Scrapie bei Schafen, der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen – und schließlich dem Rinderwahnsinn BSE. Werden all diese Krankheiten durch das Essen von Fleisch übertragen?
Richard Rhodes ist ein Wissenschaftskrimi gelungen. Obwohl jeder die Täter kennt – den BSE-Erreger und seine Verwandten -, ist die „Tödliche Mahlzeit“ bis zur letzten Seite spannend. Rhodes läßt seine Leser 40 Jahre Forschung miterleben. Zusammen mit Carleton Gajdusek, Stanley Prusiner (beide erhielten den Nobelpreis für ihre Forschungen) und vielen weniger bekannten Wissenschaftlern besucht er die Urwälder Neu-Guineas, Tierkörperverwertungsanlagen und Forschungslabors. Stück für Stück enthüllt er dabei die Geheimnisse der mysteriösen Krankheitserreger.
Richard Rhodes TÖDLICHE MAHLZEIT Spiegel Buchverlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1998 268 S., DM 39,80
Thomas Willke