Herr Flasbarth, wie groß ist das Risiko, sich durch nicht optimal geklärtes Abwasser zu infizieren, wenn man im Sommer in Seen oder Flüssen badet?
Wie viele Erkrankungen auf das Abwasser-Konto gehen, kann man bisher seriöserweise nicht angeben. Breit angelegte Untersuchungen dazu fehlen noch, und der Nachweis über den Infektionsweg ist oft schwer zu führen. Es hat aber mehrere Fälle gegeben, in denen sich Erkrankungswellen etwa auf belastete Badeseen zurückführen ließen – wie 2001 ein Ausbruch von Hirnhautentzündung in Nordhessen. Generell gilt: Die Wasserbelastung mit Krankheitserregern, Abbauprodukten aus Medikamenten und Nano-Materialien sollte reduziert werden.
Wie kann man sich infizieren?
In Ballungsgebieten kann der Anteil des aufbereiteten Wassers in den Gewässern bis zu 50 Prozent betragen – in den Sommermonaten sogar noch mehr. Wer beim Baden in der Nähe eines Auslaufs von Kläranlagen Wasser verschluckt oder durch die Nase aufnimmt, ist in Gefahr zu erkranken.
Wo sollte die zusätzliche Klärstufe eingerichtet werden, die Keime und Spurenstoffe vermindert?
In Ballungsgebieten, wo das geklärte Wasser in Gewässer mit Freizeitnutzung fließt, aber auch an Küsten mit Badestränden und bei Gewässern, die für Obst- und Gemüseplantagen angezapft werden.
Könnten sich EHEC-Bakterien über Kläranlagen ohne vierte Stufe ausbreiten?
Theoretisch ja. Aber man muss unterscheiden: Beim gefährlichen EHEC-Stamm, der im Sommer 2011 besonders in Norddeutschland schwere Krankheitsfälle auslöste, ist es sehr unwahrscheinlich, dass er sich über Wasser ausbreiten kann.