bild der wissenschaft: Die Rolle des rechtsmedizinischen Gutachters im Strafprozess ist mit Einführung der DNA-Analyse vor 15 Jahren noch wichtiger geworden als zuvor. Warum hinterfragen Juristen dennoch vergleichsweise selten die Methoden, auf denen solche DNA-Gutachten basieren?
Brinkmann: Viele Juristen, ob Richter oder Rechtsanwälte, erliegen der Faszination der großen Zahl. In einem Gutachten steht zum Beispiel typischerweise: Die Wahrscheinlichkeit beträgt eins zu zehn Milliarden, dass außer dem Verdächtigen eine zweite Person die DNA-Merkmale in einer Spur vom Tatort hat. Diese Zahl klingt für viele, als sei sie über jeden Zweifel erhaben.
bdw: An Fehler denkt dabei keiner?
Brinkmann: Es gibt in Deutschland nur wenige Juristen, die sich gut in die naturwissenschaftlichen Grundlagen der DNA-Analyse eingearbeitet haben. Die meisten denken: „Den Weg zu diesem Erkenntnisgewinn werde ich sowieso nicht verstehen.“ Dabei lässt sich dieser Weg gut dokumentieren und erklären.
bdw: Warum sind die Fehler in der mtDNA-Datenbank D-Loop erst nach mehreren Jahren aufgedeckt worden?
Brinkmann: Es gibt keine feste Institution, die damit beauftragt wäre, die Qualität solcher Datenbanken zu prüfen. Schon in der Entstehungsphase der Datenbank sind Zweifel aufgetaucht, weil das Konzept unzureichende Kontrollen vorsah. Das ist einfach unglücklich gelaufen.