bild der wissenschaft: Warum gibt es in Deutschland nur so wenige Spender?
NEUHANN: Das liegt vor allem an der fehlenden Aufklärung. Denn bei dem Wort „Organspende” plagt viele die Horrorvorstellung, dass einem die Organe entnommen werden, bevor man wirklich tot ist. Tatsächlich müssen die meisten Organe innerhalb weniger Stunden entnommen werden, bevor der Körper auskühlt – Hornhäute kann man dagegen noch bis zu 20 Stunden nach Eintreten des Todes entnehmen. Die Angst ist hier also vollkommen unbegründet. Und was viele auch nicht wissen: Es gibt nahezu keine Altersbegrenzung für Hornhaut-Spender. Auch Menschen, die mit 85 Jahren sterben, können anderen ihr Augenlicht schenken.
bdw: Was ist in Italien anders gelaufen?
NEUHANN: Die Mitarbeiter der venezianischen Augenbank haben gemeinsam mit den Politikern eine große Kampagne gestartet, die vielen Menschen die Angst genommen hat. Anders als in Italien unterstützen die Politiker in Deutschland solche Aktionen nicht besonders. Auch die Industrie hat kein Interesse, die Lobby zu verbessern. Denn an Hornhäuten lässt sich nicht viel verdienen. Insgesamt sind wir eher eine Nehmergesellschaft. Geben liegt hier nicht so im Trend.
bdw: An wen können sich potenzielle Spender wenden?
NEUHANN: Am besten an eine der großen Augenbanken, beispielsweise in Hamburg, Berlin, Wiesbaden oder München. Dort tragen wir sie als Spender ein. Stirbt der Spender, sollten uns Angehörige oder das Klinikpersonal möglichst schnell informieren.