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Bomben aus dem All

Allgemein

Bomben aus dem All
Der Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf Jupiter zeigt, daß auch die Erde jederzeit Opfer einer kosmischen Katastrophe werden kann.

Was zunächst als Fehler auf der Fotoplatte erschien, die Carolyn und Eugene Shoemaker sowie David Levy mit dem 46-Zentimeter-Schmidt-Teleskop auf dem Palomar-Observatorium in Kalifornien belichtet hatten, entpuppte sich bald als Sensation: Wie Perlen auf einer 164000 Kilometer langen Schnur waren mehrere lichtschwache Objekte aufgereiht, die Jupiter umkreisten. Bei einigen war ein kurzes Schweifchen aus Staub zu erkennen – offensichtlich ein zerbrochener Komet. Bald zeigte sich, daß Komet Shoemaker-Levy 9 im Schwerefeld des Riesenplaneten zerrissen worden war – in über 20 bis zu mehrere 100 Meter große Brocken. Doch das war nicht alles:Die Nachricht, daß sich Shoemaker-Levy 9 genau auf Jupiter zubewegt, löste das größte astronomische Beobachtungsprogramm aller Zeiten aus. Die Raumsonde Galileo, damals noch auf dem Weg zu Jupiter, hatte dabei einen Logenplatz. In der Woche vom 16. bis 22. Juli 1994 war es soweit: Im Abstand von jeweils etwa sieben Stunden stürzten die Kometentrümmer mit etwa 60 Kilometer pro Sekunde auf die Südhalbkugel des Riesenplaneten. Lodernd bohrten sie sich bis zu 200 Kilometer tief in seine Gashülle und entfesselten eine Energie, die das Nuklearwaffenarsenal aller Nationen um weit mehr als das Tausendfache übertraf. Riesige Gaswolken schossen aus der Atmosphäre empor, zunächst dreimal heißer als die Sonnenoberfläche. Wenig später zeigten sich dunkle Trümmerwolken über den Kollisionsstellen. Diese Schwaden aus Resten des Kometen und Kohlenstoffverbindungen, die sich durch die Explosionshitze aus chemischen Reaktionen mit Jupiters Gasen gebildet hatten, waren größer als die Erde und noch viele Monate später selbst mit Amateur-Teleskopen zu beobachten.

Das bombastische Feuerwerk war für die Astronomen nicht nur ein Spektakel, sondern auch ein Warnschuß. Denn auch die Erde ist vor solchen kosmischen Bomben nicht gefeit. Über 200 bekannte Krater beweisen, daß sie immer wieder die Zielscheibe von Kometen und Planetoiden gewesen ist. Dem Einschlag eines Zehn-Kilometer-Geschosses vor 65 Millionen Jahren sind sogar zwei Drittel aller Lebewesen zum Opfer gefallen, darunter die Dinosaurier. Die rechtzeitige Warnung vor einer drohenden Kollision ist deshalb der wichtigste Beitrag, den die Astronomen für die Zukunft der Zivilisation leisten können. Inzwischen laufen mehrere – allerdings chronisch unterfinanzierte – Beobachtungsprojekte, die den Himmel nach gefährlichen Objekten absuchen. Schätzungsweise 2000 Erdbahnkreuzer mit über einem Kilometer Durchmesser gibt es, deren Kollision eine globale Katastrophe auslösen würde, und noch weitaus mehr kleinere Körper, die immerhin ganze Städte verwüsten könnten. Keiner davon ist auf absehbare Zeit ein Grund zur Besorgnis. Um nicht unnötige Ängste zu schüren, hat die Internationale Astronomische Union kürzlich eine Gefahrenskala von 0 (kein Risiko) bis 10 (Treffer mit globalen Schäden) eingeführt, nach der künftig alle Erdbahnkreuzer klassifiziert werden sollen. Wie eine kosmische Bombe auf Kollisionskurs entschärft werden könnte, steht allerdings in den Sternen. Denn Raketen, die den Kometen aus der Bahn werfen oder Nuklearwaffen, die ihn gar zerstören könnten, funktionieren bisher nur in Hollywoodfilmen.

Rüdiger Vaas

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