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Das Atom-Interferometer auf dem Mikrochip

Allgemein

Das Atom-Interferometer auf dem Mikrochip
Noch ist es Zukunftsmusik, aber viele Wissenschaftler sind zuversichtlich, dass sich das Bose-Einstein-Kondensat nicht nur als Paradies für die physikalische Grundlagenforschung erweist, sondern auch zu ganz praktischen Anwendungen taugt. So basteln Physiker bereits an einem Atom-Interferometer auf einem Mikrochip.

Mit Interferometern lassen sich feine Bewegungen messen. Gewöhnlich teilen Physiker dazu einen Lichtstrahl auf. Wenn sie die geteilten Strahlen wieder zusammenführen und das Licht schließlich mit einem Schirm auffangen, beobachten sie ein charakteristisches Muster. Interferenz heißt dieses Phänomen, das sichtbar wird, weil Licht als Welle durch den Raum rast. Was die Wellen der geteilten Strahlen auf ihren getrennten Wegen erleben, beeinflusst die Art, wie sie sich am Ende überlagern. Atome können das ebenfalls. Denn auch sie verhalten sich wie Wellen, wenn man sie dazu bringt. Und das geschieht, wenn man sie durch ein Interferometer schickt.

Atome lassen sich für präzisere Messungen als Licht einsetzen, weil ihre Wellenlänge viel kleiner ist und sie für Störungen damit viel empfindlicher sind – so empfindlich, dass das Muster sich verändert, wenn zwei Atome wenige Zentimeter übereinander über den Erdboden sausen. Denn dabei spüren sie die Kraft der Erdmasse unterschiedlich stark. „Damit ließe sich die Erdanziehungskraft viel genauer messen als mit gewöhnlichen Methoden“, sagt der Münchner Quantenphysiker Jakob Reichel.

Für präzise Messungen der Gravitation interessieren sich vor allem Geo- und Klimaforscher, weil die Kraft ihnen etwas über Meeresströme, das Eis auf den Polkappen und unterirdische Wasserspeicher verrät. „Vielleicht“, so spekuliert der Tübinger Claus Zimmermann, „bekäme man so auch Rohstoffe besser zu fassen.“ Über den weniger dichten Erdöl-, Gas- oder Kohlevorkommen „zieht“ die Erde mit weniger Kraft als über massivem Fels.

Ein Atom-Interferometer könnte auch Drehungen eines Flugzeugs präzise messen. Bislang sind dafür mehrere Messgeräte nötig, darunter ein Sagnac-Interferometer. Darin zwingen Ingenieure zwei Teilstrahlen eines Lasers in eine Kreisbahn, so dass die Strahlenbündel gegeneinander laufen. Dreht sich das Flugzeug, dehnt der Doppler-Effekt den einen Strahl und staucht den anderen. Wie stark die Wellen verzerrt werden, verrät das Interferenzmuster, das die beiden Laserstrahlen nach ihrer Vereinigung erzeugen. Atome mit ihrer kürzeren Wellenlänge würden genauer verraten, wie weit sich der Flieger neigt.

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„Aber ich möchte nicht spekulieren, wie lang wir noch auf ein Interferometer mit den ultrakalten Atomen aus dem Bose-Einstein-Kondensat warten müssen“, sagt Mark Kasevich. Der Physiker von der Yale University im US-amerikanischen New Haven tüftelt an Interferometern mit kalten Atomen – und meint damit solche, die mit 40 Mikro-Kelvin aus einer so genannten magneto-optischen Falle (MOT) kommen. „Technisch wären Atome aus dem Kondensat praktischer“, sagt Kasevich. Sie bräuchten zwar eine Extra-Kühlung, würden sich danach aber ganz brav anstellen. „ Um dagegen die Atome aus der MOT in einem Interferometer auf Kurs zu halten, müssen wir einen großen Aufwand betreiben.“

Mit dem Kondensat gibt es aber ein prinzipielles Problem: Darin stehen die Atome nicht vollkommen still, sondern zittern noch ein bisschen und stoßen dabei hin und wieder aneinander. Kasevich: „Das macht jede Messung kaputt, weil der Stoß viel stärker ist als der Einfluss der Gravitation und des Doppler- Effekts.“

Peter Hergersberg

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