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Das Energiebündel der Zukunft

Allgemein

Das Energiebündel der Zukunft
Der Umweltvorstand bei der Deutschen Shell AG, Prof. Fritz Vahrenholt, ist sicher, daß die Brennstoffzelle eine ähnliche Revolution auslösen wird wie im 19. Jahrhundert die Dampfmaschine. Otto- und Dieselmotoren sowie traditionelle Kraftwerke dürften dabei das Nachsehen haben.

Märchen haben in der Forschung und Technik eigentlich nichts verloren. Doch verfolgt man die Entwicklung der Brennstoffzelle, so denkt man unweigerlich an Dornröschen. Zwar entwickelte Sir William Grove bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine funktionsfähige Brennstoffzellenbatterie, doch seine Erfindung konnte sich nicht gegen die Dynamomaschinen des Werner von Siemens behaupten. Es folgte ein 150jähriger Dornröschenschlaf. Nur in Nischenanwendungen hatte die Brennstoffzelle Erfolg. Vor rund zehn Jahren wurde sie von der Automobilindustrie wiederentdeckt. Nicht aus Zufall, sondern weil sie die Anforderungen an ein zukunftsweisendes Antriebskonzept erfüllt: Sie ist energiesparend und schadstofffrei. Vorreiter und Verfolger In der Brennstoffzelle wird Wasserstoff mit (Luft)sauerstoff an einem Katalysator zu Wasserdampf umgesetzt. Dabei erhält man bei hoher Ausbeute von teils 70 Prozent elektrischen Strom, der über Elektromotoren ein Fahrzeug antreibt. Die Vorzüge: ein um zehn Prozentpunkte besserer Wirkungsgrad als in modernen Dieselfahrzeugen – ohne Emissionen. Nachdem die damalige Daimler-Benz AG den Fahrzeugprototypen „ Necar 1″ vorgestellt hatte, wurde das Potential deutlich. Inzwischen arbeiten auch an-dere Automobilkonzerne mit Hochdruck an eigenen Entwicklungen. Nach meiner festen Überzeugung wird die Brennstoffzelle den Energiemarkt verändern, ähnlich wie es die Dampfmaschine im 19. Jahrhundert getan hat. Das von Kritikern oft angeführte Argument, die Brennstoffzelle wäre auf Grund der hohen Kosten nicht wettbewerbsfähig, halte ich für wenig stichhaltig: Die ersten in Handarbeit gefertigten Ottomotoren konnte sich auch nicht jeder leisten. Ich bin sicher, daß mit zunehmenden Produktionszahlen und Verbesserung von Technik und Herstellungsverfahren die Brennstoffzelle bis zum Jahr 2010 in den Bereich der Wettbewerbsfähigkeit mit konventionellen Antriebstechnologien rückt. Noch offen ist hingegen die Frage, wie der Wasserstoff für die erste Generation von Brennstoffzellenfahrzeugen bereitgestellt werden soll, die ab 2004 auf den Markt kommen sollen. Bis dahin wird es nicht möglich sein, eine flächendeckende Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen. Um den Durchbruch zu schaffen, muß also zunächst ein anderer Weg eingeschlagen werden – indem etwa der Wasserstoff an Bord der Fahrzeuge in sogenannten Reformern hergestellt wird. In diesen miniaturisierten Reaktoren kann aus Benzin oder Methanol Wasserstoff für den Betrieb der Brennstoffzellen erzeugt werden. Eine Kooperation zwischen Daimler-Chrysler und Shell verfolgt dieses Ziel: die Entwicklung eines benzinbetriebenen Brennstoffzellenfahrzeugs. Der Einsatz von Benzin hat gegenüber Methanol den Vorteil, daß das vorhandene Tankstellennetz ohne kostspielige Umbauten genutzt werden kann. Langfristiges Ziel ist das direkt mit Wasserstoff betankte Fahrzeug, weil hier keine Umwandlungsverluste auftreten und der günstigste Wirkungsgrad erreicht wird. Neben dem Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur müssen die Produktionskapazitäten für Wasserstoff bis dahin deutlich erweitert werden. Der Idealfall wäre die Wasserelektrolyse, die mit regenerativer Energie aus Wind-, Wasser- oder Solarstrom gespeist wird. Wenig sinnvoll für die Umweltbilanz von Wasserstoffahrzeugen ist die Umwandlung von Elektrizität aus Kohlekraftwerken in Wasserstoff. Hierbei würde lediglich eine Verlagerung der Umweltbelastung vom Fahrzeug zum Stromerzeuger stattfinden. Allerdings gibt es noch eine Reihe weiterer Verfahren der klimaneutralen Wasserstoffherstellung. Beispielsweise ist Shell an der Entwicklung eines Verfahrens beteiligt, bei dem Wasserstoff durch Reformierung von Erdgas gewonnen wird. Das als Nebenprodukt entstehende Kohlendioxid wird abgetrennt und in unterirdische Reservoirs reinjiziert. Die Brennstoffzelle wird auch die Strommärkte grundlegend verändern. Hochtemperaturbrennstoffzellen werden bereits heute bei einzelnen Pilotprojekten in Haushalten oder Blockheizkraftwerken eingesetzt. Sie wandeln Erdgas effizient in Strom und Wärme um. Diese Aggregate werden künftig auf die Größe einer Öl- oder Gasheizung schrumpfen. Auch die Anschaffungskosten werden voraussichtlich in dieser Größenordnung liegen. Die Kunden der Energieversorgungsunternehmen könnten dadurch zu deren Lieferanten werden. Sie produzieren Strom dezentral in Kleinstkraftwerken und speisen Überschüsse in das öffentliche Netz ein. Den Energieversorgungsunternehmen kommt somit langfristig die Rolle eines Maklers zu: Sie werden den von vielen privaten Stromproduzenten eingespeisten Strom bündeln und wieder verteilen. Dabei wird die Brennstoffzelle eine zentrale Rolle spielen und den Energiemarkt des nächsten Jahrhunderts revolutionieren.

Fritz Vahrenholt

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