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Das Haus der Keiler

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Das Haus der Keiler

Der älteste Tempel der Welt wird immer größer und gewaltiger. In der letzten Grabungskampagne haben Dr. Klaus Schmidt und seine deutschen und kurdischen Helfer in Ostanatolien 11 neue Riesen-Pfeiler freigelegt. Insgesamt sind es jetzt 36. Alle messen über drei Meter – mit zwei Ausnahmen: Diese Pfeiler werden fünf Meter hoch sein, wenn sie komplett ausgegraben sind. Damit sind sie so groß wie die Monolithe von Stonehenge – nur sind die Kalkstein-Kolosse im osttürkischen Bergland 6000 Jahre älter.

Vor 11000 Jahren, am Ende der Altsteinzeit, schufen Jäger und Sammler auf dem Göbekli Tepe („Nabelberg“) ein komplexes Kultzentrum, zu dem es bis heute keinen Vergleich gibt (bild der wissenschaft 1/2002, „Das Haus der Füchse“). Der Prähistoriker des Deutschen Archäologischen Instituts legte mehrere runde und rechtwinklige Räume mit bis zu 15 Meter Durchmesser frei – eine Monumentalarchitektur, die Wissenschaftler den „primitiven“ Steinzeitgesellschaften bislang nicht zugestehen wollten.

Die Sensation jedoch sind die T-förmigen Pfeiler, die am Stück aus dem Kalkstein des Bergrückens gepickelt und auf planierten Terrazzoböden aufgestellt wurden. Sie stehen frei oder sind ins Mauerwerk eingebunden, die Hälfte ist mit Tierreliefs geschmückt: mit Füchsen, Löwen, Stieren, Enten, Keilern und Schlangen. Seit der letzten Kampagne bevölkern zusätzlich gazellenartige Onagaer und zwei Kraniche vor stilisiertem Wasser den steinernen Zoo.

Ein neu ausgegrabener Raum geht bis 4 Meter in die Tiefe und hat den gigantischen Innendurchmesser von 20 Metern. In dieser „ Anlage C“ massieren sich auf den Pfeilern die Darstellungen von Wildschweinen. Schmidt: „Hier haben Leute agiert, die eine besondere Vorliebe für Keiler hatten.“ Bislang tauchten Füchse am häufigsten auf. Erklären kann Schmidt das Wildschwein-Gedränge ebenso wenig wie die – ebenfalls einmaligen – Piktogramme auf den Pfeilern. Rätselhaft bleibt wohl für immer, warum die Steinzeitler ihren Tempel sorgfältig zuschütteten. Diesem Umstand verdankt Schmidt die nun gesicherte Datierung seines Wunderbaus: Mit einer geochemischen Methode kann die Versinterung der Steine zeitlich bestimmt werden. Die setzte erst ein, als das Mauerwerk bedeckt war, also nachdem die Anlage zugeschüttet worden war.

Hans Groth

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