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Der erste Eindruck stimmt

Allgemein

Der erste Eindruck stimmt
Was im wahren Leben funktioniert, gilt auch fürs Internet: Wie ein Mensch auf den ersten Blick wirkt, entspricht erstaunlich genau seiner Persönlichkeit.

Feier-Fotos, Bikini-Bilder und anzügliche Mail-Adressen – darauf sollte besser verzichten, wer in Online-Netzwerken einen guten Eindruck hinterlassen will. Denn wie im realen Leben heißt es auch hier: Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Weltweit nutzen mehr als 1,5 Milliarden Menschen Netzwerke wie Facebook, StudiVZ oder Xing. Um sich einen ersten Eindruck von einer Person zu verschaffen, rufen Kollegen, Freunde und Personalchefs die Profilseiten auf.

Mitja Back, Juniorprofessor für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik an der Universität Mainz, erklärt: „Der erste Eindruck vollzieht sich automatisch, schnell und anhand minimaler Informationen. Er ist die Basis für unsere sozialen Entscheidungen, beeinflusst, wie wir auf andere reagieren und mit wem wir kurz- oder langfristige Beziehungen eingehen.“ Er selbst macht einen dynamischen, smarten Eindruck. „Typisch Juniorprofessor“, denkt man unwillkürlich.

„Interpersonelle Wahrnehmungen bei Nullbekanntschaft“ lautet Backs Fachterminus für erste Eindrücke. Denen sind er und seine Kollegen auf der Spur. Die Psychologen untersuchen, wie Personen in Online-Netzwerken wahrgenommen werden und wie sich Profile für die Gestaltung des eigenen Auftritts nutzen lassen. Back: „Die Menschen zeigen, wer sie sind. Das kommt ihrem Bedürfnis entgegen, wahrgenommen zu werden. Zudem verlässt man sich auf die Informationen in fremden Profilen. Das fördert das Vertrauen in die Online-Netzwerke und deren Nutzung für soziale Interaktionen.“

Im Netz ist Ehrlichkeit gefragt

Gemeinsam mit Sam Gosling von der University of Texas und Kollegen der Washington University klopfte Backs Arbeitsgruppe Facebook- und StudiVZ-Profile daraufhin ab, wie ehrlich die Nutzer bei der Eigendarstellung sind. Die Psychologen erfassten dafür die tatsächlichen Persönlichkeitseigenschaften ebenso wie die idealisierten Selbstbilder, also die Vorstellungen der Profilbesitzer darüber, wie sie gerne wären. Dabei ging es um die fünf entscheidenden Dimensionen von Persönlichkeit, die „Big Five“ : Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität. Fremde Beurteiler schätzten anschließend die Persönlichkeiten auf Basis der Profile ein.

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Das Ergebnis überraschte die Psychologen: Die spontanen Eindrücke stimmten mit den tatsächlichen Eigenschaften der Profilbesitzer auffällig oft überein. Diese hatten offenbar nicht versucht, sich im Internet idealisiert darzustellen. „Die Profile spiegeln die Persönlichkeit wider. Fremde Beurteiler konnten sie erstaunlich genau einschätzen“, betont Juliane Stopfer, Leiterin der Studie. Dieses Resultat widerspricht der verbreiteten Meinung, Online-Profile würden ein Ideal der eigenen Person präsentieren. Entscheidend für den ersten Eindruck sind die Attraktivität des Profilfotos, Art und Zahl der Gruppen, denen man angehört, Interessen und Pinnwandeinträge. „Abhängig von der zu beurteilenden Persönlichkeitseigenschaft muss man diese Aspekte unterschiedlich stark heranziehen“, erklärt Stopfer. Das Profilbild und die Zahl der Freunde etwa dienen zur Einschätzung der Extraversion, die angegebenen Interessen zur Beurteilung der Offenheit für Erfahrungen. Auch die Freunde färben ab: Wer Kontakte hat, die ihre Gästebuch-Einträge salopp und formlos halten, wird selbst als wenig gewissenhaft eingeschätzt.

Allerdings hängt der Eindruck immer auch vom Kontext ab: Privat fällt er vor allem positiv aus, wenn eine Person authentisch ist. Im beruflichen Kontext dagegen ist es wichtig, möglichst gewissenhaft und verträglich zu wirken. Das klingt durchaus vertraut aus dem realen Leben. Und tatsächlich gibt es kaum Unterschiede zwischen dem virtuellen und dem realen ersten Eindruck, wie Max Weisbuch von der Tufts University in Boston in einem Experiment bestätigte: Menschen, die von realen Sozialpartnern gemocht werden, kommen auch mit ihren Facebook-Seiten gut an.

Wie gut aber können wir den Eindruck einschätzen, den wir selbst auf andere machen? Dieser Frage ging Back gemeinsam mit Lars Penke von der University of Edinburgh, Stefan Schmukle von der Universität Münster und Jens Asendorpf von der Humboldt-Universität Berlin nach: bei einem Speed-Dating für 400 Singles. Das massenhafte Power-Flirten deckte auf, wer wie gut darin ist, den Eindruck einzuschätzen, den er bei anderen hinterlässt. Für den Erfolg bei der Partnerwahl ist das durchaus wichtig.

FLIRT ODER NUR NETTE GESTE?

Es zeigte sich: Frauen, die hohe Werte beim Persönlichkeitsmerkmal „Verträglichkeit“ aufweisen, also freundlich und hilfsbereit sind, wissen recht gut, wie sie bei anderen ankommen. Das gilt auch für „soziosexuell unrestriktive“ Männer, die für flüchtige sexuelle Kontakte aufgeschlossen sind. Frauen mit einer weniger starken Verträglichkeit, die eher missmutig oder aggressiv sind, und soziosexuell restriktivere Männer („kein Sex ohne Liebe“) können dagegen den Eindruck, den sie auf andere machen, weniger gut einschätzen. Das heißt: Obwohl sich die meisten Menschen recht sicher sind, dass sie beurteilen können, wie sehr jemand an ihnen interessiert ist, liegen erstaunlich viele damit falsch. Beim nächsten Treffen mit einem attraktiven Gesprächspartner sollte man sich daher lieber kritisch fragen, ob das Lächeln tatsächlich ein Flirt ist oder ob es sich vielleicht nur um eine nette Geste handelt.

Laut einer weiteren Studie der Mainzer ist vor allem bei Menschen, die einen besonders guten Eindruck hinterlassen, Vorsicht geboten: Es könnte sich um Narzissten handeln. Back fand heraus, dass es ihnen leicht fällt, Eindruck bei anderen zu schinden. Ob mit Kleidung, Körperhaltung, Gesichtsausdruck oder Wortwahl – solche selbstverliebten Menschen wickeln andere rasch um den Finger. Ist allerdings der erste faszinierende Lack ab, gelingt es Narzissten selten, die Beziehungen positiv zu gestalten. Also: Trau, schau, wem – im realen Leben ebenso wie online! ■

von Eva Tenzer

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